´s Dorfblattl Haiming
Lebensbild - Seppl Bair
Altbauer Seppl Bair aus Riedern ist 90
Das Vieh brachten Seppl und
Unterrieders Johann im Sommer
von Riedern über Ebene und Oe-
tzerau nach Kühtai auf die Alm.
Um 3.00 Uhr früh gingen sie los
und übergaben mittags die Kühe
an den Hirten. Später brachte
man das Vieh über die Mure hin-
auf auf den Simmering.
Seppl mit seinen ältesten Kindern Max (l.) und Bernadette (r.) vor dem Riederer
Bauernhof 1960
I
n Riedern gab es am 2. April
2017 allen Grund zum Feiern.
Altbauer Seppl Bair, untrenn-
bar verbunden mit Riedern und
Ötztal-Bahnhof, wurde 90 Jahre
alt. In Riedern bewirtschaftete er
als Bauer fast 70 Jahre lang sei-
nen Hof, bestellte sein Feld und
hielt seine Tiere mit großer Lei-
denschaft. Als kleiner Bub kam
er hierher.
Seppl stammt aus Arzl im Pitz-
tal, wo er am 2. April 1927 nach
seinen Geschwistern Max, Hilda,
Frieda und Marie geboren wurde.
Später pachtete die Familie einen
Hof in Mieming, dort kam 1931
Bruder Peter zur Welt. 1932 er-
steigerten Seppls Eltern Johann
und Rosa Bair den Bauernhof
in Riedern, der in einem sehr
schlechten Zustand war. Doch
Seppls Vater richtete den neuen
Hoamathof geschickt auf und
1935 kam mit Hansi der jüngste
Spross der Familie hinzu.
Seppls Vater starb früh und sein
älterer Bruder Max, der Hoferbe,
fiel im zweiten Weltkrieg. Es war
am noch sehr jungen Seppl, den
Hof weiterzuführen. Schwester
Frieda lernte Schneiderin, Hilda
arbeitete als Sekretärin, das Ma-
riele half Seppl viel am Hof und
ging auf Saison, Peter wurde
Elektriker und Hansi eröffnete
als Tapezierer sein Geschäft auf
der Ötztaler Höhe.
Natürlich war der gesellige Seppl
auch gerne unterwegs, so fuhr er
mit seinem Freund Albert Gadner
mit dem Radl nach Oetz, wo im
Hotel Alpenrose Ranggers Toni,
Magerbachers Franzele und
Wilfried Kapeller zum Tanz auf-
spielten. Dort begegnete er Resi
Witsch, der Bauerstochter aus
Silz, die in einem Oetzer Haushalt
im Dienst war. Die beiden trafen
sich immer wieder und gaben
sich 1957 das Ja-Wort. Dem Ehe-
paar Bair wurden die fünf Kinder
Bernadette, Max, Christl, Marlies
und Wolfgang geschenkt. Die
Kinder wuchsen in der Obhut
aller Riederer Erwachsenen auf,
neben den Eltern waren sie bei
„den Tanten“ Frieda und Hilda
besonders willkommen. In Rie-
dern gab es auch für die Kinder
viel Arbeit am Feld, vor allem
Erdäpfel, Karotten und Tirggen
(Mais) wurde angebaut.
Anfangs wurde der Boden mit
Ross und Wagen bestellt, in den
60er Jahren erleichterten ein
Traktor, später die erste Melkma-
schine die Arbeit. Im 1970 neu
erbauten Stall gab es dann eine
elektronische Entmistungsanla-
ge. Im Haushalt halfen die Frauen
zusammen, denn es lebten zeit-
weise 11 Leute auf dem Hof.
Seppl und der „Unterriederer“
Johann Köll, arbeiteten viel zu-
sammen. Gemeinsam lernten
sie vom Haiminger Metzger das
fachgerechte Schlachten und
wurden von vielen Bauern der
Umgebung für diese Arbeit ge-
holt. Vom Tier wurde wirklich
alles verwendet. Das Wursten
und Buttertreiben war Frauen-
sache. Im großen gemauerten
Brotbackofen im Hof wurden am
Back-Tag dreißig große Brotlaibe
Seppl und Resi hielten Milchkü-
he. „Der ganze Bahnhof kam zu
uns Milchholen und ist in der
Kuche verhockt“ erzählt Resi von
den Zeiten, als man oft lange bei-
sammen saß. Das Bauernhaus in
Riedern war - und ist auch heute
noch - ein gastfreundlich-offenes
Haus.
1981 traf es die Familie schwer,
als Tochter Christl im Alter von
20 Jahren wegen eines ange-
borenen Herzfehlers verstarb.
Dankbar ist die Familie, dass das
Mädchen viel länger in ihrem
Kreis war, als man hoffen durfte.
Seppl Bair war und ist ein wich-
tiger Mann in den dörflichen Ver-
einen. Gemeinsam mit Männern
wie Hans Götsch, Adolf Auer und
Johann Köll, war er 1954 Grün-
dungs- und lange Ausschussmit-
glied der Haiminger Schützen.
Als Mitglied der Feuerwehr Hai-
ming setzte sich Seppl für eine
Löschgruppe in Ötztal-Bahn-
hof ein. 1957 formierten sich
die Gründungsmitglieder um
Kommandant Hans Götsch und
Seppl wurde Ausschussmitglied,
Kommandant-Stellvertreter und
Fähnrich. Seine Brüder Peter und
Hansi waren ebenfalls Mitbe-
gründer der Löschgruppe. Auch
der erste Pfarrgemeinderat von
Ötztal-Bahnhof unter Pfarrer
Kössler durfte auf Seppl zählen.
Im Kirchenchor sang er über viele
Jahre mit.
Das Ehepaar Seppl und Resi war
immer Teil des dörflichen Lebens.
Der Besuch der Vinzenzstube,
eine langjährige „Kartnerrunde“,
Seniorenausflüge und viele Bus-
reisen mit Dekan Tiefenthaler
gehören zu den schönen Erinne-
rungen.
Vor 20 Jahren übergaben Seppl
und Resi den Bauernhof an Sohn
Wolfgang, er lebt mit Frau Roswi-
tha und Sohn Mathias im Haus.
Trotzdem gibt es für Seppl noch
immer „kluane Arbetlen zu tian“.
Die Antonius-Kapelle in Riedern
wird von Resi betreut, auch wenn
sie unterstützt wird von den
Frauen aus der Familie. Wenn
eine Messe in der Kapelle gefei-
ert wird, läutet seit jeher Seppl
die Glocken.
Seppl und seine Frau Resi führen
ein zufriedenes Leben, in dem
die Familie mit den zwei Uren-
keln, die Gesundheit und ein we-
nig Tagwerk im Mittelpunkt ste-
hen. Die beiden schauen zurück
auf ein erfülltes und herausfor-
derndes Leben, in dem ihnen ihr
Gottvertrauen stets verlässliche
Orientierung war.
(Text und Foto: chris; 1 Foto: pri-
vat)
Seppl und Resi Bair rasten auf dem Bankl vor „ihrer“ Kapelle in Riedern
Frühjahr 2017
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gebacken.