PhotoWeekly 50/2017 | Page 27

Praxis PHOTO KLASSIK 27 Bruno Estatoff: Vielseitige Vorliebe Die neue Werbekampagne für L‘Oréal wurde komplett analog fotografiert. Im Gespräch erzählt uns der Fotograf, warum. Text: Marwan El-Mozayen, Fotos: Bruno Estatoff Schon immer hat die Modein- dustrie der Frisur Ihrer Kun- dinnen eine besondere Aufmerk- samkeit geschenkt. Es ist daher selbstverständlich, dass die Mo- defotografie hier einen ihrer Schwerpunkte setzt. Der französische Haarstylist und Trainer für L’Oréal Hairdres- sers sowie Modefotograf, Bruno Estatoff, ist genau in beiden Be- reichen zu Hause. Zusammen mit seinem Geschäftspartner be- treibt er acht Friseursalons in Lyon. Bruno ist ein Mensch, der im Privaten wie auch bei seiner Arbeit einer festen Philosophie folgt. Er unterscheidet dabei in seiner kreativen Vorgehenswei- se nicht zwischen der Tätigkeit Frisuren – fast schon magisch ziehen sie unsere Blicke an! Ganz unbewusst können sie Sympathie und Antipathie­ erzeu- gen, Protest oder Angepasstheit ausdrücken. Der weltweite Umsatz mit Haar- produkten ist riesig – entspre- chend wichtig ist das Marketing. Auch Kunden honorieren die filmbasierte Arbeit von Bruno Estatoff. Sie spüren, dass so etwas ganz Beson- deres entsteht. als Hairstylist oder als Fotograf. Kreativität ist genauso gefragt wie handwerkliche Fähigkeiten, ein hohes Maß an Präzision und Schnelligkeit. In ganz ähnlicher Weise findet er alle diese ihm ver- trauten Tugenden in der filmba- sierten Fotografie wieder. Auf die direkte Frage nach dem Grund, warum er die Arbeit auf Film für sich persönlich bevor- zugt, geht der sympathische 52-Jährige lange in sich, um mich dann mit einer sehr langen Antwort zu überraschen. Bruno Estatoff: „Es ist immer schwer, eine spontane Vorliebe für et- was genau zu erklären. Vor allem dann, wenn es um den Kunst- begriff oder Ästhetik geht. Nach „Ich empfinde mich selbst erst als wirklichen Fotografen, seit- dem ich auf Film foto­grafiere“, sagt Bruno Estatoff. meinem ganz persönlichen Da- fürhalten ist einer der Gründe für die aktuelle Rückbesinnung auf die Filmfotografie dem Umstand geschuldet, dass das Medium Film uns als Menschen in einer intensiven und besonderen Weise einen kreativen Prozess hautnah erleben lässt. Dieses Nachdenken, diese Spannung, die Umsetzung der Idee in meinem Kopf, ohne ei- nen Monitor blind arbeitend, aber auch gleichzeitig die haptische Rückmeldung der mechanischen Vorgänge der Kamera mit den damit verbundenen Geräuschen. Es mag verwunderlich klingen, aber ich spürte plötzlich hautnah die kreative Kraft, die, wie in ei- nem Adrenalinrausch, mein Herz schneller schlagen lässt und mit dem Drücken und dem Klickge- räusch des Auslösers im exakt richtigen Moment abschließt. Diese Achterbahn der Gefühle en- det nicht mit dem Ende des Shoo- tings, sondern geht in ähnlicher Weise bei der Bildauswahl auf dem Leuchttisch weiter. Ich bin jedes Mal aufs neue begeistert. Um es kurz zu fassen: Warum fotografiere ich auf Film? Aus dem gleichen Grund, warum ich Frauen liebe, Wellenreiten und Lachen. Es macht mein Leben einfach glücklicher. Etwas was ich bei der digitalen Fotografie nie finden konnte.“ Lust auf noch mehr analoge Fotografie? Dann schau dir doch einmal PhotoKlassik an, das Magazin für aktuelle analoge Fotografie. PhotoKlassik erscheint seit 2012 viermal jährlich: www.photoklassik.de