PhotoWeekly 27.11.2019 | Page 24

Praxis PROFI DER WOCHE presented by PHILIPP REINHARD Mittendrin Philipp Reinhard hat sich auf die Bereiche Reportage und Porträt spezialisiert. Im Fokus steht dabei das Thema Sport. Intensiv, nah, ehrlich. So auch beim Basketball-Shooting der HAKRO Merlins Crailsheim in Belgrad. Foto- grafiert hat er dabei ganz puristisch. Mit der Leica M-10P und dem Summilux 28mm f/1,4. Text: Steffen Schmidtke; Bilder Philipp Reinhard Philipp Reinhards fotografi- scher Stil und seine Arbeits- weise reduzieren sich auf das Wesentliche. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Dies spürt man Das Basketball- Shooting der nicht nur, wenn man seine Auf- HAKRO Merlins nahmen betrachtet, sondern Crailsheim in Bel- auch, wenn man mit ihm spricht. grad fotografierte Philipp Reinhard Für seine Reportagen taucht er mit der Leica M10-P. mitten ins Geschehen ein. Direkt und nah. Immer ganz dicht dran, um die entscheidenden Momente festzuhalten. Für seine Bilder über die HAKRO Merlins Crails- heim, die Philipp Reinhard als Teamfotograf seit rund vier Jahren begleitet, ging es zur Saisonvor- bereitung ins Trainingslager nach Belgrad. Vor Ort wurde in einer abgerockten, dunklen Halle trainiert – und fotografiert. Für den jungen Fotografen eine echte Herausforderung, die ihm zu Beginn auch Respekt einflößte. „Vor Ort war meine Euphorie erstmal verflogen. Mein erster Eindruck: Kaum Licht in der Halle. Das wird spannend. Die ISO-Emp- findlichkeit pendelte sich zwischen 3.200 und 6.400 ein, kombiniert mit Offenblende f/1,4 am 28mm Summilux und meiner Leica M-10P. Ich wusste ehr- lich nicht, was mich erwartet, bis ich die Bilder das erste Mal sichtete. Als es soweit war, war ich komplett happy und begeistert“, so Reinhard. Bei überraschend vielen Fotos war die Schärfe auf den Punkt. Das Bildrauschen wirkte zudem wie ein an- genehmes und homogenes Korn aus analogen Zei- ten mit einem außergewöhnlichem Look. Sportauf- nahmen, die aus der Masse hervorstechen. Bilder, die mehr zeigen als den Sport. Sie erzählen eine Ge- schichte. Transportieren Emotionen und gewähren intime Einblicke. „Ich mag diese Spontaneität, diese Ehrlichkeit. Ich beobachte, greife nicht ein und las- se einfach alles um mich herum geschehen. Wenn ich einen besonderen Moment entdecke, drücke ich auf den Auslöser. Dabei bin ich immer wieder auf der Suche nach einzigartigen Augenblicken. Ohne das Vertrauen des Teams wären meine Aufnahmen so nicht realisierbar. Ich respektiere die Personen vor meiner Kamera und bedränge sie nicht. Ich bin mehr ein Freund mit Kamera, in dessen Umgebung sich die Menschen wohlfühlen. Das ist der Schlüs- sel, um erfolgreich solche Momente zu fotografie- ren“, verrät Philipp Reinhard. Philipp Reinhard fotografierte alle Aufnahmen mit seiner Leica M-10P, dem Summilux 28mm und Offenblende f/1,4. Für seine Bilder ist er mittendrin im Geschehen. Dies spürt man besonders, wenn man sich die Aufnahmen ansieht, die er in Belgrad neben dem Training ablichtete. Ein verletzter Spieler, der vom Physiotherapeuten behandelt wird, das Team bei der Essensausgabe oder das Abklatschen der Bas- ketballer in der Kabine. Philipp ist mittendrin. „Egal, was man fotografiert, man muss bereit und den- noch diskret – fast unsichtbar – sein. Man braucht Leidenschaft, um den Fokus zu wahren. Antizipa- tion ist entscheidend. Ich spüre und sehe die Emo- tionen und halte sie in meinen Bildern fest. Dafür muss die Chemie einfach stimmen. Für mich ist es ein absolutes Privileg, dass ich mir meine Jobs aus- suchen kann. Ich möchte das machen, was ich lie- be“, beschreibt der Fotograf seine Vorgehensweise. Und diese Liebe spürt man in seinen Aufnahmen, die an alte Fotojournalisten erinnern, die sich eben- falls immer Mitten ins Geschehen gestürzt haben. Unterstützt wird Philipp Reinhard dabei von sei- nem Kamerasystem und dem Summilux-M 1:1,4/28 mm ASPH. Letzteres zwingt ihn, sich vor Ort zu be- wegen. Variabel und flexibel zu sein. Die Perspekti- ve zu ändern. Sich dem Gegenüber unmittelbar zu nähern. Eine Nähe, die man seinen Bildern ansieht und die die Emotionalität des Augenblicks gekonnt transportiert. „Ich bin eigentlich immer in Action und bleibe nie statisch an einem Ort. Ich lege mich hin, suche erhöhte Aufnahmeorte oder betrete wäh- rend einer Auszeit sogar das Spielfeld – ohne die Spieler oder Trainer zu stören“, erzählt Philipp. „Zudem halte ich immer meine Augen nach außer- gewöhnlichen Momenten offen. Das können Fans sein, die das Spiel beobachten oder skurrile Situa- tionen, die man sonst nicht bewusst wahrnimmt. Das treibt mich an und macht mir unglaublichen Spaß“, so der Fotograf weiter. Das Licht in der Arena ist mau. Doch mit hohen ISO-Werten, Offen- blende F1.4 und der Leica M10-P gelin- gen ihm packen- de Aufnahmen der Spieler in Aktion. Sportaufnahmen, die aus der Masse hervorstechen. Bil- der, die mehr zei- gen als den Sport, sondern eine Story in all ihren Facet- ten erzählen. Diese Freude an der Fotografie packte Philipp nicht sofort. Seine erste digitale Kamera kaufte er sich erst vor fünf Jahren. Davor hat er zehn Jahre analog fotografiert. Dabei wollte er sich ursprüng- lich in Richtung Film entwickeln und absolvierte eine Ausbildung als Mediengestalter. Doch es kam anders. Durch einige Zufälle und Begebenheiten kam der Autodidakt zur professionellen Fotografie. Dabei war für ihn relativ schnell klar, wenn er foto- grafiert, dann mit einer Leica. Denn je mehr er in die Materie hineinwuchs, umso stärker inspirierten ihn andere Bildermacher aus der Skateboardwelt wie French Fred, Arto Saari und Greg Hunt – die alle- samt mit Leica-Kameras ihre Bilder fotografieren. So probierte er bei einem zufälligen Treffen mit einem dieser Fotografen erstmalig eine Leica M8 aus – und der Funke sprang über. „Das Gefühl ist einfach einzigartig. Der Klang, die Haptik, die Re- duktion auf das Wesentliche“, so Reinhard. Kurzum erwarb er eine analoge Leica CL, die er auch heute noch regelmäßig nutzt. Es folgten die M-10P, die SL, die Q und die M-6. Fotografiert wird dabei aus- schließlich mit Festbrennweiten. Meist mit 28 mm, Reinhards absoluter Lieblingsoptik: „Auch wenn das fast dauerhafte Fotografieren mit dem Weitwinkel eine Herausforderung ist“, wie der Fotograf verrät. „Doch es zwingt mich frisch über die Motive nach- zudenken. Meine Komfortzone zu verlassen. So wird die Fotografie niemals langweilig. Ich suche und finde außergewöhnliche Perspektiven, die an- dere nicht sehen“, so Reinhard. Zudem ist sein puristisches Equipment meist ein toller Eisbrecher – in Belgrad arbeitete Philipp zum Beispiel nur mit der Leica M-10P, dem 28 mm, zwei Akkus und zwei Speicherkarten. Viele sprechen ihn auf seine Kamera an. „Das schafft einen Gesprächs- einstieg und erlaubt mir, Vertrauen aufzubauen“, so der Fotograf und er ergänzt abschließend: „Ich muss mir bei Leica schlicht keine Gedanken über meine Ausrüstung machen. Ich bin rundum perfekt aus- gestattet. Wenn ich meine Leica in die Hand neh- me, spüre ich den Unterschied direkt. Damit möchte ich einfach jeden Tag fotografieren. Die Bildqualität und der Look der Aufnahmen sind zudem einfach unglaublich – und ich kann mich voll und ganz auf meine Motive fokussieren.“ Philipp Reinhard ist Teamfotograf des Basketballteams von Crailsheim. Zur Vorbereitung ging es nach Belgrad. Dabei fand unter anderem ein Trainingsspiel gegen Roter Stern Belgrad statt, eine der besten Basketballmannschaften Europas. Philipp Reinhard (29) ... ist Fotograf und Filmemacher, der sich auf die Bereiche Repor- tage und Porträt spezialisiert hat. Nach fünf Jahren Werbung auf Agenturseite machte er sich als Autodidakt selbstständig. Als Teamfotograf der HAKRO Merlins Basketballer und der Deut- schen Fußballnationalmannschaft begleitet er die Teams bei Spielen und Turnieren hautnah. Zuletzt wurde Philipp für den PR- Bild Award nominiert und hat neben Berlin und München auch in Paris seine Bilder ausgestellt. Neben der Leidenschaft für Foto und Film fährt er Skateboard und surft, spielt Basketball, hört Vinyl oder fährt seinen alten, weinroten Mercedes-Klassiker aus. Weitere Infos: www.philippreinhard.com