PhotoWeekly 27.02.2019 | Page 2

Aktuell EDITORIAL 02 Wolfgang Heinen & Florian Schuster, Herausgeber Ist Social Media für Fotografen schädlich? Social Media und die unaufhörliche Jagd nach sofortiger Anerkennung führt zu immer gleichen Motiven, immer mehr Nachahmungen von Bildern, die sich selbst reproduzieren. Das führt schnur- stracks in die kreative Hölle, wie jetzt im- mer mehr Fotografen feststellen – und ihre sozialen Kanäle kurzerhand abdre- hen. Wie beispielsweise der erfolgreiche Fotoblogger Justin Mott: „Wenn man die- sen kreativen Mordzyklus des Kopierens fortsetzt und primär auf » Die kreative die Lobreflexe anderer spekuliert, kann man Seele wird irgend- als Fotograf niemals et- wann sterben « was Großes, Bleibendes erreichen. Die kreative Seele wird irgendwann sterben.“ Nachzule- sen sind seine Gedanken zum Thema hier. Derzeit tröten viele Fotografen in das gleiche Horn und beenden bewusst ihre Social-Media-Karriere. Ihre Kommentare dazu lesen sich wie eine Befreiung aus jahrelanger Gefangenschaft. Haben die Verweigerer Recht? Ja und nein. Ja: Wer auf einen bestimmten foto- grafischen Stil oder besondere Motive po- sitive Reaktionen aus dem Netz erhält, wird in den meisten Fällen das Gezeigte exakt reproduzieren, um der urteilenden Gemeinschaft weiterhin zu gefallen. Das ist ein ganz natürlicher Reflex nach Aner- kennung und der Grund dafür, warum Fo- tocommunitys überhaupt funktionieren. Dass das kreativmäßig in die Sackgasse führt, ist wohl jedem klar. Auf der anderen Seite: Ohne Social Media hätte nur ein Bruchteil der heute aktiven Fotografinnen und Fotografen eine Plattform, um ihre Bilder anderen Men- schen zu zeigen. Der Königsweg liegt mög- licherweise in der Mitte: Die besten eige- nen Bilder (und definitiv nur diese!) auf geeigneten Plattformen präsentieren, auf denen es weniger um Follower-Massen als vielmehr um das Zeigen neuer Fotografie geht. Klasse statt Masse. Viel Spaß beim Lesen & Fotografieren!