PhotoWeekly 01.04.2020 | Page 2

Aktuell EDITORIAL 02 Wolfgang Heinen & Florian Schuster, Herausgeber Kamera oder Smart- phone – was macht echtere Fotos? Rausgehen zum Fotografieren darf man ja zum Glück. Und die Sonne scheint ja auch vielerorts. Aber was wollen wir fotografieren? Schöne oder geschönte Fotos? Das hängt auch davon ab, welches Aufnahmegerät wir wählen. Die Voraussetzungen, um Bilddaten künst- lich aufzuhübschen, sind bei Kameras und Smartphones ziemlich unterschiedlich. Prozessormäßig liegen Kameras deutlich hinter den Smartphones zurück. Letztere komprimieren 4K-/60Hz-Aufnahmen in Echtzeit, verfügen über sechs Gigabyte Arbeitsspeicher und immer öfter KI-Co- Prozessoren. Das ermög- » Smartphones licht Effekte wie künstli- che Unschärfe, Nacht- bilden die Wirklich- modus, bessere Automa- keit so ab, wie sie tiken, Filter, Digitalzoom und vieles mehr. Einige laut ihrer Intelli- dieser Software-Tricks genz sein soll. « sollen die Optik-Nach- teile der smarten Phones kaschieren, andere greifen mehr oder we- niger „kreativ“ ins Bildgeschehen ein. Und anders als Kameras versuchen die Smar- ties erst gar nicht, ein Motiv so natürlich und präzise wie möglich einzufangen. RAW bieten nur wenige Modelle und wenn, dann zeigen manueller Modus und RAW-Bilder eher, wie schlecht die „nackte Leistung“ der winzigen Objektive ist. Oder die Daten sind möglicherweise gar nicht so „roh“ wie versprochen und trotzdem saftig aufgehübscht. Smartphones machen „geschmacklich“ attraktive Bilder, keine Frage. Sie bilden die Wirklichkeit so ab, wie sie laut ihrer „Intelligenz“ sein soll. Nun ist die „Wirk- lichkeit“ bei Kameras natürlich auch mehr oder weniger stark außen vor: Wie natür- lich ist Blitzlicht? Gibt es Schärfentiefe in „echt“ überhaupt? Oder die klassischen Fragen: Ist schon die Wahl eines Aufnahme- standpunkts und -zeitpunkts, die Wahl einer Brennweite eine Interpretation? Aber Kame- ras geben dem Fotografen zumindest das Gefühl, halbwegs objektives Rohmaterial aufgenommen zu haben. Und wer Spaß an dramatischer Verschönerung seiner Werke hat, für den bieten Luminar, Lightroom und Co. ja immer noch unbegrenzte Potenziale – nach der Aufnahme und eigenbestimmt am Laptop, PC oder Tablet. Viel Spaß beim Lesen & Fotografieren!