MUSIK
Text: Silke Helfrich
Tecnobrega: eine brasilianische
Erfolgsgeschichte
Stellte sich die Frage: Wer schreibt dieTheorie der Open Source Economy ? Der Ökonomie
des Teilens und Kopierens. Die Theorie eines offenen und zukunftsfähigen Umgangs mit den
Wissensallmenden.
Wer immer das tun wird, sollte diebrasilianischen tecnobrega Musiker nach ihren Erfahrungen
fragen. Von der kreativen Nutzung schon vorhandener Musik ( remix ) und dem Verzicht auf ein
starkes Urheberrecht leben die Musiker in Belém, im brasilianischen Bundesstaat Pará, seit ein
paar Jahren besser als anderswo. Auf fairsharing.de finden sich ein paar Zahlen: “In Belem ist
tecnobrega mit einem Verdienst von 5 Millionen Dollar inzwischen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor”.
Wer den Originalton des brasilianischen Soziologen Hermano Vianna bevorzugt: Viannas Punkt
ist ähnlich dem von Courtney Love (die freie Downloads im Internet begrüßt): der Umbruch kam,
als sich die Musiker mit den sogenannten “Raubkopierern”, dh. den Straßenhändlern verbündeten und auf deren Vertriebswege statt auf die der Rechteverwerter der klassischen Musikindustrie
setzten. Die Straßenhändler sind näher am Kunden (an den Massen) als die ProduzentInnen der
in Brasilien sündhaft teuren CDs, die in Läden verkauft werden, die ein Großteil der KundInnen
der Straßenhändler ohnehin nie betritt. Die tecnobrega Musiker haben die Mittelsmänner der “old
economy” rausgeschmissen. Sie haben das Nadelöhr zwischen Produzenten und Konsumenten
umschifft und sich eine bequemere und erfolgreichere Transmissionsplattform gesucht. Jetzt
müßte der Staat nur noch so klug sein, dass ganze so zu flankieren, dass auch für das
Steuersäckel was rausspringt. Kreative Vorschläge dazu gibt es durchaus.