Magazine Oktober 15 | Page 54

WEIN CHAMPAGNER Von Lily, Charlie und James Bond Die phänomenalen unterirdischen Kreidesteinbrüche im Untergrund der Stadt Reims wurden dieses Jahr als Unesco Weltkurlturerbe ausgezeichnet. Die Crayère Nr. 9 von Charles Heidsieck zeigt die Form einer Flasche. Grosse Persönlichkeiten prägten immer wieder die Geschichte des Champagners. Man denke nur an all Die wahren Schätze liegen im Keller – bei Champagne Bollinger reift der Wein noch in Eichenfässern. BILDER HO die Witwen, welche ihre Marksteine setzten. Zwei dieser Vorbilder sind unvergessen, ihr Einfluss ist heute noch spürbar: Lily Bollinger und Charles Heidsieck. «Bei welcher Gelegenheit trinken Sie Ihren ques Bollinger das Zepter des Familienbetriebs. Champagner?», fragte 1961 in London ein Jour- Couragiert und zielbewusst dirigierte sie das nalist des «Daily Mail» Madame Lily Bollinger, Champagnerhaus sicher durch die Jahre des die Grande Dame der Champagne. Ihre Ant- Krieges und der Besetzung. In den 30 Jahren wort war zugleich weise und witzig – die Wor- ihres Wirkens setzte sie Meilensteine, welche te gingen um die Welt und werden bis heute das Unternehmen heute noch hochhält: Sie gerne zitiert. Sie sagte – auf englisch und hier lancierte mit dem R.D. als Erste eine Cuvée frei übersetzt: «Ich trinke Champagner, wenn préstige und mit der Cuvée Vieilles Vignes ich froh bin, und wenn ich traurig bin. Manch- Françaises einen raren Top-Champagner aus mal trinke ich davon, wenn ich alleine bin; und hundert Prozent Pinot Noir Grand cru aus Aÿ. wenn ich Gesellschaft habe, dann darf er nicht Sowohl der R.D. wie auch die Vieilles Vignes fehlen. Wenn ich keinen Hunger habe, mache sind nach wie vor die Spitzenreiter des Hauses, ich mir mit ihm Appetit, und wenn ich hungrig das ebenso unverbrüchlich als unabhängiges bin, lasse ich ihn mir schmecken. Sonst aber Familienunternehmen geführt wird – eines der rühre ich ihn nicht an, außer wenn ich Durst letzten der Champagne. habe.» ELSBETH HOBMEIER bona 54 55 LIFESTYLE Lily Bollinger war zu ihrer Zeit eine «Tante Lily», wie sie ihre Familie Stil-Ikone. Nie sah man sie ohne Perlenkette, nannte oder «Madame Jacques», wie sie bei die sie bei grossen Empfängen genauso trug den Leuten von Aÿ respektvoll genannt wurde, wie auf ihren Radtouren durch die Rebberge. übernahm 1941 beim Tod ihres Mannes Jac- 1951 beschloss sie, Amerika für ihren Champa-