ARCHITEKTUR & DESIGN
BUS:STOP
Ein genialer Schachzug: Sieben internationale Architekturbüros wurden ein-
geladen, sieben Bushaltestellen im Vorarlberger Dorf Krumbach zu entwer-
fen. Die Star-Architekten aus Chile, China, Japan, Russland, Belgien, Spanien
und Norwegen waren begeistert und bauten.
SIMONE LEITNER
Weltklasse-Architektur kombiniert mit regiona- sichtbares Zeichen funktionierender Alltags- rung zeigt Mut, Neues zuzulassen und umzu-
lem Handwerk: Im Vorarlberger Ort Krumbach mobilität ist die Bushaltestelle im Dorfzentrum setzen. Ringsum zeichnen Wald, Wiesen und
haben sieben internationale Architekturbü- nach Entwurf der lokalen Architekten Bernardo Felder das Bild eines Vorarlberger Landidylls.
ros sieben höchst ausgefallene Bushaltestel- Bader, René Bechter und Hermann Kaufmann. Und doch, ganz so traditionell wie es klingt,
len gebaut. Fazit: Nicht nur die rund tausend Eine Haltestelle, die den Dorfkern mitprägt. In Einwohner der Gemeinde freuen sich daran, diesem Umfeld entstand das Architektur-Pro- auch Architekturliebhaber aus aller Welt sind
HALT
Architektonischer
Haltestelle Glatzegg Haltestelle Bränden
Pritzker-Preisträger Sou Fujimoto, Japan.
Wang Shu und Lu Seine Architektur lebt vom Traum einer neuen
Wenyu aus Hangzhou, soll sich die Architektur nicht der Natur anglei-
China,
Vereinigung von Architektur und Natur. Dabei
chen, sie nicht imitieren, sondern in ihrer geo-
metrischen Eigengesetzlichkeit der Natur den ihr
zustehenden Raum gewähren. Mit diesem philo-
thematisieren die besondere Lage dieses sophischen Ansatz hat Architektur nicht mehr die
ist es hier nicht. Die sieben international re- BUS:STOPs mit der freien Sicht in beide Funktion des Schutzes. Sie ist ein offener Dialog
nommierten Architekturbüros, die der Verein Richtungen. Deshalb planten sie eine Came- mit der Natur. Dafür bietet Sou Fujimoto Raum-
jekt «BUS:STOP Krumbach» des Vereins Kultur Kultur Krumbach einlud, in der Gemeinde ra obscura, einen konischen Raum, der sich gerüste als Möglichkeitsformen dieser Interaktion.
begeistert, in Krumbach ein-, aus- oder umzu- Krumbach. Für «BUS:STOP Krumbach» spielt eben so viele neue Bushaltestellenhäuschen zur Strasse öffnet und mit einem Fenster an Eine Weiterentwicklung dieses Konzepts ist sein
steigen. Wer sich gern in einer inspirierenden das Handwerk eine zentrale Rolle. Die Perfek- von weltoffener Gestalt zu errichten, hat viel der Rückwand die Blickachse zu den Bergen BUS:STOP für Krumbach. Ein «Wald» aus wilden
Natur- und Kulturlandschaft bewegt, ist im tion und Meisterschaft in der Verarbeitung der Aufmerksamkeit gebracht. Den ausländischen rahmt. Sie schaffen damit einen Raum der dünnen Stahlstangen. In dieser offenen Struktur
Bregenzerwald richtig. Lebensart und Gastlich- unterschiedlichen Materialien – vor allem aber Star-Architekten standen jeweils ein regionales besonderen und fokussierten Wahrneh- windet sich eine Stiege in die Höhe. Nein, dieser
keit verbinden Tradition mit Einfallsreichtum – Holz, Glas und Metall, setzen für diese Region Architekturbüro sowie zwanzig lokale Hand- mung von Landschaft, die ihnen in all ihren BUS:STOP gewährt keinen Schutz vor der Witte-
einladend und anregend. Und wer durch den gewohnt hohe Massstäbe. Das Gesamtwerk sei werksbetriebe tatkräftig zur Seite. Ein gutes Projekten immer wichtiger ist als die Ge- rung, er eröffnet dafür eine neue Dimension der
Bregenzerwald fährt, tut dies immer öfter mit nur gelungen, weil über 200 Personen dieses Beispiel dafür, wie aus einer nicht beachteten bäude selbst. Architekt Hermann Kaufmann Wahrnehmung von Ort, Raum und Natur. Die
öffentlichen Verkehrsmitteln – mit dem gelben auf grosszügigste Weise unterstützt hätten, be- Bushaltestelle ein vielbeachtetes Design-Objekt aus Schwarzach war Partner vor Ort (Bild Partner des Japaners bei der Realisierung waren
Landbus, der hier im Stundentakt verkehrt. Ein tont der Verein. Und die Krumbacher Bevölke- werden kann. links). Bechter Zaffignani Architekten aus Bregenz.
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