Magazine Juli 16 | Page 8

SCHÖNHEIT INNEN UND AUSSEN aussahen und Patienten mit langen Wundhei- stehen lassen. Ästhetische Urteile dagegen sind sieren der Beine etwas Unverschämtes, heute lungsphasen rechnen mussten. Bei minimalin- zwar subjektiven Ursprungs, sie haben jedoch gibt es kaum noch Frauen und auch Männer, vasiven Eingriffen werden grosse Schnitte ver- oft den Anspruch auf Allgemeingültigkeit – wer die es nicht tun. Ähnlich verhält es sich mit der mieden, und die Patienten können direkt nach über die Schönheit eines Gegenstandes urteilt, Schönheitschirurgie. Immer mehr Frauen leis- dem Eingriff nach Hause gehen. Mit anderen behauptet zugleich, ein Urteil zu fällen, dem ten sich Korrekturen. Und auch immer mehr Worten: Natürlichkeit liegt im Trend, aber diese auch andere zustimmen müssten. Schönheit Männer sind schönheitschirurgischen Eingrif- bitte etwas schöner. Denn: Mainstream-Schön- hat daher den Anspruch auf Allgemeinheit. fen nicht abgeneigt. Nach Luxus wird nun auch heit hat als Statussymbol schnell an Wert ver- Anders als über das Angenehme lässt sich über Schönheit demokratisiert. loren, man sehnt sich nach echten Menschen, Schönheit und Geschmack durchaus sinnvoll nach einem natürlichen Aussehen – aber eben streiten. Tägliche Trainingseinheiten und bewusste Ernährung tragen zwar zu einem guten Das Ideal, der Status, die Betrachtung: Schönheit hat viele Gesichter. Und Schönheit hat sich demokratisiert. Heute sind Schönheitsoperationen und Faltenbehandlungen an der Tagesordnung. FOTOLIA Aber wo liegt die Schönheit im Alltag? TEXT UND INTERVIEWS SIMONE LEITNER Einst hatte das Färben der Haare oder das Ra- Aber gibt es sie, die absolute Schön- perfekt inszeniert. Körpergefühl bei, stoppen jedoch nicht den Über Schönheit hat auch Immanuel heit? Etwas, das Menschen weltweit für schön Alterungsprozess. «In unserer Gesellschaft ge- Kant philosophiert. Die einflussreichste philo- befinden? Studien zufolge soll es eine Land- hen Leistungsfähigkeit und Erfolg oftmals mit sophische Definition von Schönheit in der Neu- schaft sein. Sanfte Hügel, weiter Blick, Berge einem schönen Körper einher. Wer erfolgreich zeit stammt von ihm. In seinem massgeblichen am Horizont, Wasser. Aber meist geht es nicht sein will, muss stets präsent und attraktiv sein», Werk «Kritik der Urteilskraft» (1790) definierte ausschliesslich um die Natur, wenn man über schreibt das deutsche Zukunftsinstitut in einem Kant Schönheit als Gegenstand einer bestimm- Schönheit nachdenkt. Sondern um sich selbst, Report zum Thema «Status Schönheit». Da- ten Tätigkeit der Urteilskraft: das ästhetische auch um das Schaffen, Wirken, Denken, Bauen und Erfinden. bei gehe es nicht nur um die Erfüllung eines Urteil oder Geschmacksurteil. Ästhetische Ur- Schönheitsideals, sondern darum, den Körper teile basieren nach Kant auf privaten, subjekti- Die Schönheit im Alltag zu erkennen, zu optimieren und störende Äusserlichkeiten ven Empfindungen des Gefallens oder der Ab- ist sicherlich ein grosser Schritt in Richtung zu beseitigen – auch im fortgeschrittenen Al- neigung, der Lust oder Unlust. Insofern könnte Zufriedenheit. Nicht nur Schönheitsexperten, ter. Und das geht immer einfacher: Innovative man meinen, schön sei einfach, was uns per- sondern auch Menschen aus Kirche, Wirtschaft Technologien und neue Verfahren machen Ein- sönlich angenehm sei. Kant stellt jedoch einen und dem Bauwesen finden Schönheit in ih- griffe zunehmend sanfter und liefern dabei gute Unterschied fest: Über das Angenehme lässt rem Beruf. Wie erwähnt: Schönheit hat viele Ergebnisse. Vorbei sind die Zeiten, als Eingriffe sich nicht streiten, denn jeder empfindet etwas Gesichter. In dieser Ausgabe von bonaLifestyle bereits von Weitem erkennbar waren, künstlich anderes als angenehm und wird dies auch so zwölf. bona Bitte schön LIFESTYLE 8 9