Magazine Juli 16 | Page 36

« Für mich ist es wichtig, das Hier und Jetzt mit der Schönheit der kleinen Dinge zu füllen.» bonaLifestyle Béatrice Ambühl, Sie begegnen dem Tod täglich. Sind Sie ein trauriger Mensch? Béatrice Ambühl Keineswegs, ich glaube, dann wäre ich in meinem Beruf am falschen Platz. Gerade weil ich Menschen in der Trauer und in leidvollen Situationen begegne und für diese Gefühle Raum schaffe, brauche ich auf meiner Seite nebst viel Mitgefühl auch Freude, Lebendigkeit und Liebe zum Leben in mir. Das spüren die Menschen vielleicht, wenn sie sagen, dass sie in ihren Emotionen ruhig werden oder eine Leichtigkeit empfinden, wenn ich da bin. In welchen Momenten sehen Sie das Schöne an Ihrer Arbeit mit dem Tod? Ich darf durch meine Arbeit als Bestatterin tiefe Einblicke nehmen ins Leben und in die verschiedenen Arten, wie Menschen mit schweren Schicksalsschlägen umgehen können. Das berührt und beschenkt mich immer wieder von Neuem. Es ist ausserdem erfüllend und schön für mich zu wissen, dass ich mit meiner Arbeit den Menschen vieles abnehmen kann, das sie « gesorget geben » können. Ich entlaste die Trauernden. Sie sind ein gläubiger Mensch. Gibt Ihnen Ihr Glaube und die Meditation Kraft, mit Trauernden einen positiven Weg zufinden? Der Glaube schenkt mir das Vertrauen, dass ich für meine Arbeit die nötige Kraft, Liebe und auch die richtigen Impulse zur rechten Zeit bekomme. Durch die Meditation bleibe ich in Verbindung mit meinem Herzen und im stillen Gebet kann ich für die Menschen, mit denen ich diese Wegstrecke gehe, um Kraft und Trost bitten und die Sorge um sie loslassen. Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod? Vielleicht sogar an ein schöneres Leben? Früher hatte ich eine recht konkrete Vorstellung vom « Himmel » und Jenseits. Je länger ich in meinem Beruf bin, umso mehr kann ich dieses letzte Geheimnis in einem grossen Vertrauen als solches stehen lassen. Viel wichtiger ist es für mich, im Hier und Jetzt das Leben bewusst und dankbar zu geniessen und es mit der Schönheit der kleinen Dinge zu füllen, die uns jeden Tagbeschenken wollen, wenn wir sie sehen. Geister, Jenseitskontakte, übersinnliche Vorfälle – was halten Sie davon? Diese Frage wird mir oft gestellt, denn der Tod ist immer mit Ängsten behaftet. Ich selber habe keine Angst vor Geistern und bin auch noch keinem begegnet. Bei der Arbeit am Verstorbenen spüre ich persönlich Frieden. Manchmal berichten mir Angehörige in der schwierigsten Zeit der Trauer von « Zeichen », die sie sehen. Das kann eine Sternschnuppe in einer schlaflosen Nacht sein, ein Regenbogen oder die Sonne, die bei einer Beerdigung plötzlich durchbricht, ein Schmetterling, der einen Moment verweilt … etwas ganz Alltägliches, das einem trauernden Menschen Trost schenkt, weil es ihn mit dem verstorbenen Menschen verbindet. Wie gehen Sie mit verstorbenen Menschen um, die in jungen Jahren an Krankheit, durch Unfall oder Suizid gestorben sind?

Der Tod junger Menschen, die das Leben voll von Plänen und Träumen noch vor sich hatten, beschäftigt mich immer am meisten. Vielleicht auch deshalb, weil meine eigenen vier Kinder in diesem Alter sind? Es ist auch für die Eltern dieser jungen Menschen oder deren Kinder, die ihr Mami oder ihren Vater verlieren, sehr schwer. Auf das Warum gibt es keine Antwort. Mein Mitgefühl ist besonders mit ihnen und ich versuche, der Familie zu helfen, den Raum zu schaffen, dass sie auf ihre Weise Abschied nehmen können. Ist die Todesursache für Sie relevant? Spüren Sie einen Unterschied bei den Verstorbenen? Es ist sicher ein Unterschied, ob wir einen Verstorbenen in einem Altersheim abholen oder ob wir jemanden an einem Ort nach einem Unfall bergen. Jedoch, wenn alles vorüber ist, der Verstorbene gewaschen und wenn möglich angekleidet im Sarg liegt, begleitet mich immer wieder ein Gefühl von « einfach », befreit, Friede … ich will es weder deuten noch kann ich es erklären, aber es ist da, egal wie tragisch oder leidvoll die Todessituation war. Als Bestatterin rücken Sie Verstorbene in ein schönes Licht. Warum ist es wichtig, dass ein Mensch im Sarg schön aussieht? Eitelkeit und Schönheit über den Tod hinaus? Für mich ist die letzte Pflege und das Ankleiden des Verstorbenen ein letzter Liebesdienst und hat auch mit der Würde dieses Menschen zu tun. Der Anblick des Raumes, der mit Blumen, einem Tuch schön gestaltet ist, kann etwas Tröstliches sein. Für die Angehörigen ist es hilfreich bei der Verarbeitung und beim Abschiednehmen, wenn sie ihren geliebten Menschen nach einer Zeit des Leidens oder auch wenn er überraschend gestorben ist, in seinen persönlichen Kleidern nochmals sehen können. Ich ermutige sie auch immer, dem Verstorbenen noch einen Lieblingsgegenstand oder, wenn der Abschied fehlte, ein paar geschriebene Worte des Abschieds aus dem Herzen mitzugeben. bona
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