Magazine Dez 16 | Page 44

Kurmann fügt an, dass er solche Bilder nicht unter der Hand veräussere. « Ein Gemälde dieser Güte, vermittle ich an eine Auktion », erklärt der Experte, der selber auch grosse Auktionen mitverantwortete und gefeiert wurde. Neben den schweizerischen und englischen Auktionshäusern gibt es weitere Handelsplattformen, die dem Kunstmarkt offen stehen. International ausgeschriebene Bilder wecken den Sammlerinstinkt und erzielen teilweise hohe Preise. Zurzeit sehr hohe Preise.
Doch zurück zum Nachlass im Einfamilienhaus: André Kurmann entdeckt ein antikes Möbel und prüft es auf dessen Herkunft und Echtheit. « Gefälscht wurde schon im 18. und 19. Jahrhundert, das ist keine moderne Erfindung. Aber Kopien zu entlarven, dazu braucht es wirklich eine grosse Erfahrung.» Dann geht der Experte weiter von Zimmer zu Zimmer, schaut sich jedes Bild, jede Figur und jeden Teppich genau an und lässt keine Zweifel offen: « Die meisten Bilder und auch die echten Perserteppiche sind nicht mehr gefragt, ausser exklusive Sammlerstücke. Der Markt ist schlicht eingebrochen.» Auch die Lithografien von Alois Carigiet, die er entdeckt, könne er zwar recht gut verkaufen, doch seien die zu erzielenden Preise überschaubar. Der Antiquar, der 14 Jahre lang den Verband der schweizerischen Antiquare und Kunsthändler präsidierte und den Kunsthändlerkodex hoch hält, begutachtet alle Gegenstände mit Respekt und präziser Kenntnis. Für die Erben ziemlich ernüchternd. Denn plötzlich wird aus dem vermeintlich « sehr wertvollen Silberbesteck » ein versilbertes Besteck, das zwar nett aussieht, aber ausser dem emotionalen Wert für die Erben, keinen erhofften Gewinn ausschütten wird.
Als André Kurmann mit seiner Gattin Paulette das Geschäft in der dritten Generation im Jahre 1968 von seinem Vater und Grossvater übernommen hatte, war der Boom für Antikes,

« Kopiert wurde schon im 18. Jahrhundert.»

ANDRÉ KURMANN Kunsthändler
klassisch Edles und Stilvolles gross. Vergangene Zeiten: Heute sind Barockkommoden, Biedermeierschränke und Esstische günstig wie nie. Denn die jungen Kunden richten ihr Zuhause anders ein. In ganz Europa kämpfen Antiquitätenhändler um ihr wirtschaftliches Überleben und hadern mit ihren Kunden, die von Meissner Porzellan und Barocktischen mit einem Mal nichts mehr wissen wollen. Antiquitäten – nach der allgemein gebräuchlichen Definition Gegenstände, die mehr als hundert Jahre alt sind – haben einen beispiellosen Preisverfall erlebt. Dies führt nicht nur bei den Profis zu Frustration, sondern auch bei all jenen, die nun Schränke und Kommoden, Stühle und Tische im Biedermeier- oder Barockstil von ihren Eltern geerbt haben. Und die sich vor allem eine Frage stellen: Wohin mit all dem Zeug? Der naheliegendste Weg, nämlich alles verkaufen, führt oftmals zu Enttäuschung. Was früher ein Vermögen gekostet hat, ist heute viel weniger etwas wert. Der Rat des Kunsthändlers: « Antiquitäten sollen Freude bereiten und nie als Kapitalanlage betrachtet werden.»
Umso wichtiger ist es, einen Fachmann beizuziehen. Der Kunst- und Antiquitätenhändler André Kurmann führt amtliche Schätzungen, Expertisen und Gutachten für Versicherungen und Erbschaften durch. Seit Jahrzehnten spielen bei den Kurmanns Kunst und Antiquitäten die Hauptrolle. Der Kunsthändler und seine Ehefrau sind immer noch mit Leib und Seele in ihrem Geschäft in der Solothurner Altstadt anzutreffen. Und sie verkaufen auch nach wie vor antike Objekte und Bilder von grossen Schweizer Malern – nur eben weniger als früher.
Sie haben den gesellschaftlichen Wandel miterlebt, haben beobachtet, wie die grossen Designermöbel sukzessive die antiken Einrichtungsidole verdrängten. « Heute ist es das Sofa, das Sideboard oder der kubische Holztisch aus international renommierter Designerhand – früher waren es eben die antiken Möbel, die in einer Wohnung oder einem Haus als Statussymbol dienten. Nur wenige Kenner, die den Sinn für Antikes und Modernes haben, können kombinieren. « Der Regulator( auf dem Coverbild) beispielsweise sieht auch auf einer Betonwand hervorragend aus », sind sich André und Paulette Kurmann einig. Eines brauche es eben immer, egal in welchem Jahrhundert: Stil.
Antiquitäten-Galerie Kurmann Kronengasse 7, 4500 Solothurn