Magazine Dez 16 | Page 32

sen viele kinderlose Ehegatten nicht, dass die Eltern und Geschwister des verstorbenen Ehegatte einen Viertel von dessen Nachlass erhalten. Dies ist vielfach nicht gewünscht, und zwar unabhängig vom Betrag. Ist es sinnvoll, ein Testament bei einem Notar zu hinterlegen? Das hängt vom Wohnsitzkanton ab. Jeder Kanton führt eine Hinterlegungsstelle. Damit ist sichergestellt, dass das Testament bei Eintritt des Erbfalls an die Eröffnungsbehörde gelangt. Im Kanton Zürich sind die Notariate die Hinterlegungsstelle. In anderen Kantonen sind die lokalen Teilungsämter zuständig.
Wäre der Banksafe auch eine gute Lösung? Nein, die Aufbewahrung in einem Banksafe ist ungeeignet. Es gibt Banken, welche zur Öffnung des Safes einen Erbschein verlangen. Dadurch kann sich die Katze in den Schwanz beissen: Ein eingesetzter Erbe erhält ohne Zugang zum Testament keinen Erbschein und ohne Erbschein keinen Zugang zum Banksafe. Viele Familien werden durch einen Erbstreit in ihrer Stabilität erschüttert. Minimieren verbindliche Testamente diese Streitigkeiten? Ja, auf jeden Fall. Die Erbengemeinschaft unterliegt dem Einstimmigkeitsprinzip. Verfügungen über Gegenstände des Nachlasses, beispielsweise die Zuweisung einer Liegenschaft in der Erbteilung, können nur von allen Erben gemeinsam vorgenommen werden. Ist nur einer der Erben nicht einverstanden, ist die Erbengemeinschaft blockiert. Verbindliche Anordnungen in letztwilligen Verfügungen können vorbeugen und manchen Streit gar nicht erst entstehen lassen. Bei Patchwork-Familien ist die Erbfolge oft kompliziert. Kann eine gesetzliche Erbfolge auch manipuliert oder umgangen werden? Patchwork-Familien können erbrechtlich anspruchsvoll sein. Die gesetzliche Erbfolge kann natürlich in den Schranken des Pflichtteilsrechts modifiziert werden. Besonders bei

« Ein Testament kann angefochten werden.»

Patchwork-Familien ist darauf zu achten, dass die Lösung auch nach Ableben des zweiten Partners den gemeinsamen Vorstellungen entspricht. Ausserdem lauern Steuerfallen. Wenn beispielsweise die Kinder des einen vom anderen, nicht-blutsverwandten Partner erben, zahlen sie unter Umständen Erbschaftssteuern in empfindlicher Höhe. Ist das legendäre Zitat « Ich enterbe dich » eine leere Drohung oder eine mögliche Gangart? Die Wahrscheinlichkeit, dass es bei der leeren Drohung bleibt, ist ziemlich gross. Eine gültige Enterbung setzt voraus, dass der enterbte Pflichtteilserbe in wirklich schwerwiegender Weise seine familiären Pflichten verletzt oder gegen den Erblasser oder diesem nahestehenden Personen eine schwere Straftat begangen hat. Generell gilt, dass der betroffene Erblasser das Vorliegen eines Enterbungsgrundes viel eher und schneller bejaht als die Gerichte. Es wird viel von Pflichtteilen gesprochen. Wer sind die Nutzniesser des gesetzlichen Pflichtteils?
MARIUS BREM Fachanwalt SAV Erbrecht
Nach heutiger Rechtslage haben die Eltern, die Ehegatten, die eingetragenen Partner und die Kinder einen Pflichtteil. Der Nachkommenpflichtteil schliesst denjenigen der Eltern aus. Insbesondere der Nachkommenpflichtteil ist mit ¾ des gesetzlichen Erbanspruchs relativ stark. Es sind derzeit aber Bestrebungen im Gange, das Erbrecht zeitgemässer auszugestalten. Gemäss dem kürzlich publizierten Vorentwurf zum neuen Erbrecht soll der Elternpflichtteil entfallen und der Nachkommenpflichtteil auf ½ der gesetzlichen Erbquote gesenkt werden. Bei einem verheirateten Familienvater beträgt heute die frei verfügbare Quote 3 / 8 des Nachlasses. Sollte die Revision wie vorgeschlagen zustande kommen, wird die frei verfügbare Quote neu 5 / 8 betragen. Wann kann oder soll ein Testament angefochten werden? Ein Testament kann aus verschiedenen Gründen angefochten werden. Diese reichen vom Irrtum des Erblassers bis zu dessen Urteilsunfähigkeit im Zeitpunkt der Niederschrift. Es kann aber auch sein, dass ein späteres Testament mit einem früheren Erbvertrag im Widerspruch steht. Der vom fraglichen Testament benachteiligte Erbe wird sich die Anfechtung gut überlegen müssen, da die Prozesskosten im Erbschaftsprozess nicht zu unterschätzen sind. Wer im hohen Alter plötzlich sein Testament abändert und einem fremden Menschen sein Vermögen vererbt, wird nach seinem Ableben bei den Verwandten zwar keinen Nachlass, dafür sehr viel Kopfschütteln hinterlassen. Der Erbstreit ist vorprogrammiert. Die Erbeinsetzung eines fremden Menschen dürfte eher selten sein. Häufiger ist die Begünstigung von Pflegenden oder Vertrauenspersonen. Je nachdem ist es eine berufsethische Frage, ob sie eine derartige Begünstigung überhaupt annehmen wollen beziehungsweise dürfen. Überdies gibt es Vertrauenspersonen und « Vertrauenspersonen ». Was aber ist mit einer Altersliebe, welche durchaus Pflegekomponenten haben kann? Auch in diesem Fall können sich Nahestehende verschiedener Art und aus verschiedenen Lebensphasen des Erblassers in die Haare geraten. bona
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