Magazine Dez 16 | Page 20

« Meine Angehörigen haben Angst vor dem Tod. Ich wäre jedoch dankbar, wenn ich mit ihnen darüber sprechen könnte, denn auch ich habe Angst.»

Hilfe, mehr Medizin, mehr psycho-soziale und auch religiös-spirituelle Betreuung. Palliative Care möchte Leiden und Komplikationen vorbeugen – dazu muss natürlich die Bereitschaft der Patienten und der Angehörigen vorhanden sein. Nicht ganz einfach: Gerade in einer solchen Situation sind Betroffene emotional so berührt, dass sie möglicherweise nicht mehr wissen, was sie wollen. Daher sind neben medizinischen Behandlungen und pflegerischen Interventionen auch psychologische, soziale und spirituelle Unterstützung wichtig. Mit der Palliative Care soll auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten umfassend eingegangen werden. Symptome und Leiden werden bestmöglich antizipiert und gelindert. Qualitativ adäquate Palliative-Care-Leistungen bedingen professionelle Kompetenzen der Fachpersonen. Die Palliative Care erfolgt, soweit dies möglich ist, an einem vom kranken oder sterbenden Menschen gewünschten Ort. Vernetze Versorgungsstrukturen ermöglichen eine Kontinuität bei der Behandlung und der Betreuung. Zuerst müssen solche Strukturen aber geschaffen werden. Oft wenden sich Betroffene oder Angehörige an die Krebsliga. « Meistens haben wir den Erstkontakt mit den Angehörigen von unheilbar Kranken », erzählt Daniel Emmenegger von der Krebsliga Solothurn. Der diplomierte Pflegefachmann mit einem Master of Advanced Studies MAS in Palliative Care kennt sich aus mit den Fragen, Ängsten und Verzweiflungen der Menschen, die den Tod vor Augen haben.
In den letzten Jahren hat sich zwar viel getan in Sachen Palliative Care – auf politischer wie auf gesellschaftlicher Ebene. Die Strategie des Bundes ist verabschiedet, es liegt nun an den Kantonen, die Ziele umzusetzen. Das gelinge aber nicht in jedem Kanton, hält Daniel Emmenegger fest. Vor allem wenn das Geld fehle, fehle auch das Engagement für die letzten Phase des Lebens. Informationsbedarf auf Seiten der Öffentlichkeit sei eindeutig vorhanden. Als die Krebsliga Solothurn jüngst die Leute auf der Strasse zum Thema Palliative Care befragen und informieren wollte, war die Reaktion ernüchternd: « Die meisten wollten sich nicht mit uns unterhalten. Vor allem die Männer liefen unisono an uns vorbei », zieht Daniel Emmenegger Bilanz.
Schwierig ist es auch für Migrantinnen und Migranten, die sich mit der Diagnose einer unheilbaren Krankheit auseinandersetzen müssen. « Oft ist die finanzielle Lage katastrophal, die familiäre auch nicht besser, und zu guter Letzt kommen noch Kommunikationsschwierigkeiten dazu.» Dieses Problem werde künftig noch wachsen, prophezeit Daniel Emmenegger. Aber auch wenn es keine Sprachbarrieren gibt, heisst es noch lange nicht, dass Sterbende und Angehörige verstehen und akzeptieren können, dass ein Ende unwiderruflich naht. « Abschied nehmen ist sehr schwer und bedingt eine realistische Auseinandersetzung mit dem Sterben.» Daniel Emmenegger

« Stellen Sie sich vor, ich war Atemtherapeutin, habe nie geraucht, und jetzt habe ich Lungenkrebs. Das kann ich nicht nachvollziehen.»