Living Magazine German Living Magazine 2016 | Page 31

beginnt erst jetzt, die physiologischen Vorgänge zu verstehen, die ablaufen, wenn ein ätherisches Öl eingeatmet wird. Nehmen wir zum Beispiel Lavendel. Mehrere Studien zeigen, dass das ätherische Öl der Lavendelpflanze viel mehr als bloß ein angenehmes Aroma bietet. Eingeatmetes Lavendelöl wirkt nachweisbar auf das Seratoninsystem des Gehirns ein1, kann antioxidantische Enzyme hochregeln2 und die Atemwege offen halten3. All diese flüchtigen Chemikalien können duch den Nasengang in den Körper gelangen und fast sofort unsere Physiologie beeinflussen. Dies ist eine der Arten, auf die ätherische Öle so wirksam sind. Synergie Eine weitere wichtige Eigenschaft der Chemie ätherischer Öle liegt im delikaten Gleichgewicht der Komponenten. Ein Tropfen ätherisches Öl ist ein Schnappschuss des Aufbaus und der Umgebung einer Pflanze. Alle Chemikalien im ätherischen Öl (in einigen Fällen Hunderte von Chemikalien) spielen eine Rolle in der Pflanzenphysiologie. Und alle diese Komponenten bilden zusammen ein vollständiges Öl, das einmalig ist, wie ein Fingerabdruck—und das ist viel mehr als die Summe seiner Teile. Wir verstehen die Synergie ätherischer Öle nicht ganz. Wir wissen, dass ein Öl in einigen Fällen eine Handvoll aktiver Komponenten enthält—Mitwirkende wie Pinen, Eugenol, Limonen, Linalool und Carvacrik—und eine ganze Menge von „Spuren“-komponenten. Manchmal sind dies Vorgänger oder Reaktionsprodukte der Hauptbestandteile. Manchmal sind dies einfach einzelne Chemikalien, die in der Mischung landeten—ein bisschen von diesem, ein bisschen von jenem, und alles trägt zu einem erstaunlichen Endprodukt bei. Das interessante daran ist, dass mehrere Studien die Synergie der Komponenten ätherischer Öle illustriert haben. Eine neue Studie nahm beispielsweise sieben ätherische Öle und testete ihre antioxidantischen Eigenschaften und verglich die Ergebnisse mit denselben Tests, die dann aber nur mit der am häufigsten vorkommenden Komponente in jedem Öl ausgeführt wurden. Die Studie ergab, dass die antioxidantische Fähigkeit eines Öls nicht immer auf die Hauptkomponente zurückgeführt werden kann. Es sind oft die unterstützenden „Spuren“-Chemikalien, die sich auf Arten aufeinander abstimmen und miteinander interagieren, die wir noch nicht verstehen. Anpassbarkeit Die Menschen entwickelten sich mit Pflanzen. Unser physischer Aufbau basiert auf denselben organischen Molekülen. Wir sind in unserer Umgebung ähnlichen Stressfaktoren und Bedrohungen ausgesetzt. Daher ist es nicht überraschend, dass die von Pflanzen zum Schutz und zur Anpassung an die Umgebung entwickelten Chemikalien auch im menschlichen Körper wirksame Agenten sind. Im Gegensatz zu Chemikalien, die in einem Labor hergestellt wurden, ändern sich ätherische Öle. Sie passen sich an. Sie verwandeln sich in den chemischen Cocktail, der sich am besten für das Überleben der Pflanze eignet. Es ist diese Anpassungsfähigkeit, die das Interesse von Wissenschaftlern und Medizinern geweckt hat. Könnten natürliche, pflanzenbasierte Optionen besser für unser Wohnbefinden sein als statische Chemikalien, die ihre Wirksamkeit verloren haben? Laufende Forschungen werden diese Frage beantworten. Eine Pflanze kämpft ums Überleben; wir ziehen Vorteile aus diesem sich ständig ändernden Kampf. Ein einzelner Tropfen. Da