BILDER VON GESTERN
es in den allegorischen Darstellungen visueller
Produktionen innerhalb der 1990er und frühen
2000er Jahre angedeutet wird. Die während des
Tuđman-Regimes erfolgten Transformations-
prozesse hatten so einen emanzipatorischen
Rückschritt zur Folge, welcher sich auch auf die
Darstellungsweise der Frauenfiguren innerhalb
visueller Produktionen niederschlug. Die aktive,
scheinbar heldenhafte Frau agiert dabei unter
einem Deckmantel der Emanzipation und ver-
bleibt als Heldin zweiter Klasse.
»Frau als Opfer« oder als Mutter jener Soldaten,
die dann als heldenhaft bezeichnet werden.
Dabei fußt die bewaffnete und gemeinsam mit
den Männern in den Kampf ziehende Frau im
ex-jugoslawischen Raum in Form der Partisanin
auf eine lang gehegte Tradition – auch in der vi-
suellen Kultur. Zur Zeit Jugoslawiens waren die
weiblichen Heldinnen nach dem Sieg der Parti-
sanInnen über die Nationalsozialisten im öffent-
lichen Raum präsent. Es wurden Plätze, Straßen
sowie auch Fabriken nach ihnen benannt. Eine
Textilindustrie-Fabrik in Zagreb trägt beispiels-
weise den Namen der heldenhaften Partisanin
Nada Dimić, die noch auf der Häuserwand in
verblassten Lettern zu sehen ist. In der kleinen
Durchgangsstraße »Prolaz Sestre Baković« in
Zagreb finden sich nach wie vor die Büsten des
aktivistischen Geschwisterpaares Baković. Und
auch die in Jugoslawien produzierten Spielfilme
geben die heldenhaften Geschichten der Parti-
saninnen wieder. Der Regisseur Vjekoslav Afrić
des Spielfilms »Slavica« aus dem Jahr 1947 hat
beispielsweise die Hauptrolle mit der weibli-
chen Schauspielerin Irene Kolesar besetzt.
Deckmantel Emanzipation
Einen Gegensatz dazu bildet die kroatische
Spielfilmindustrie der 1990er Jahre, die kei-
nerlei weibliche Hauptrollen im Kriegsnarrativ
vorsieht. Die filmische Produktion unter Präsi-
dent Franjo Tuđman gestaltete sich dabei recht
eindimensional: die guten, frisch rasierten und
ordentlich gekleideten Kroaten kämpfen gegen
die meist betrunkenen, bösartigen und unge-
pflegten Serben. Aktive Frauenfiguren haben in
dem Zusammenhang wenig Raum und bilden
damit auch eher die Ausnahme – so wie beispiel-
weise in dem religiös gefärbten Film »Vrijeme
za…« von Oja Kodar (aus dem Jahr 1993), in dem
eine Mutter versucht ihren Sohn im besetzten
und damit von Feinden umgebenen Gebiet zu
begraben und sich dabei trotz aller Widrigkeiten
bis zu ihrem Ziel durchschlägt. Ein weiteres Bei-
spiel ist der später produzierte Film »Svjedoci«
von Vinko Brešan (2003), in dem eine Protago-
nistin letztlich den Mordfall an einem Serben
in Zagreb aufklärt und versucht, dessen Tochter
aus den Fängen der mutmaßlichen Mörder zu
retten. Nebendarstellerinnen wie diese können
zwar als heldenhaft angesehen werden, benöti-
gen jedoch schlussendlich immer die Hilfe des
Mannes, um ihre mutigen Taten erfolgreich aus-
führen zu können. Zudem zieht keine von ihnen
gemeinsam mit den Männern in den Krieg, wie
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InfoEuropa
Klaudija Sabo ist Postdoc-Assistentin
für Visuelle Kultur an der Alpen-Adria-
Universität Klagenfurt. Sabo studierte
Kulturwissenschaften und Kunstgeschich-
te an der Humboldt Universität zu Berlin,
der Goldsmiths University in London
und an der Universität Zagreb. Im Jahr
2016 promovierte sie an der Universität
Wien, am Institut für Zeitgeschichte /
Visuelle Zeit- und Kulturgeschichte. Ihre
Forschungsinteressen liegen im Bereich
Visuelle Kultur, Intermedialität sowie Film-
und Medienwissenschaften.