BILDER VON GESTERN
Heldinnen zweiter Klasse?
Auf den Medaillen und Gemälden tragen die Frauen Schwerter und
Pistolen, doch in den kroatischen Filmen der 1990er Jahre gerät die Figur
der Kriegerin in Vergessenheit. Die Bildwissenschaftlerin Klaudija SABO
sucht nach Spuren mutiger Frauen in den Jugoslawienkriegen und deckt
dabei Erinnerungslücken der visuellen Kultur auf.
Die Geschwister Rajka
und Zdenka Baković
nutzten während des
Zweiten Weltkriegs
ihren Familienkiosk als
Drehscheibe für den
Widerstand. 1941 wurden
sie verhaftet und tagelang
gefoltert. Während Rajka an
ihren Verletzungen starb,
beging ihre Schwester
Zdenka aus Verzweiflung
Selbstmord. Heute ist
eine Passage in Zagreb
nach den jugoslawischen
»Volksheldinnen« benannt.
In der kroatischen Version von Eugene Dela-
croixs Gemälde »Die Freiheit führt das Volk«,
hisst die dynamisch nach vorn preschende Frau,
anstelle der französischen, die kroatische Flagge
und hält in ihrer linken Hand anstelle des Bajo-
netts eine vollautomatische Kalaschnikow im
Anschlag. Auch sie blickt wie das Original flüch-
tig nach hinten auf ihre Gefolgschaft und ruft
so dazu auf, ihr furchtlos in den Krieg zu folgen.
Die im Jahre 1992 von Nenad Orešković erstell-
te Zeichnung, greift das im Jahr 1830 vollendete
französische Gemälde wieder auf, um mit der
im Vordergrund stehenden »weiblichen Heldin«
auf die Unabhängigkeitsbestrebungen und den
kriegerischen Auseinandersetzungen aufmerk-
sam zu machen.
Im Gegensatz zu den männlichen kroati-
schen Soldaten, die während des Krieges und vor
allem danach als Volkshelden betitelt wurden
und eine starke narrative sowie visuelle Präsenz
in den Medien einnahmen, verbleibt die weibli-
che Heldin vornehmlich in der Kunst. Dabei fin-
den sich immer wieder bewaffnete Frauen aus-
InfoEuropa
gestattet mit Degen, Schwertern, Pistolen sowie
nationalen Symbolen auf Tapferkeitsmedaillen,
Gemälden, Zeichnungen sowie Karikaturen. Die-
se enge Verbindung von nationalen Symboliken
und Weiblichkeit hat nach Cynthia Enloe eine
spezifische Funktion und zwar die der allegori-
schen Darstellung des Staates, welche besonders
in Kriegs- und Krisenzeiten vermehrt auftaucht.
Sie stellt heraus, dass den Frauen vornehmlich
symbolhafte Rollen in Nationalbewegungen
zugeschrieben werden. Dabei fasst sie diese
Frauenfiguren als sogenannte Ikonen der Nation
(icons of nationhood) zusammen.
Nebenrolle Frau
Obwohl nach Angaben des Staatssekretärs des
Verteidigungsministeriums ca. 23.080 Frauen
am sogenannten Heimatkrieg der 1990er Jahre
aktiv beteiligt waren, gibt es kaum medial ver-
breitetes visuelles Zeugnis von den in den Krieg
ziehenden oder heldenhaft betitelten Frauen.
Vielmehr dominieren Darstellungen von der
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