2 Editorial
Für mich ist das
Landesverrat
I
n den vergangenen Tagen entbrannte in der NZZ eine Kontroverse
über meine Wortwahl anlässlich der
Begrüssungsrede an der SVP-Delegiertenversammlung in Genf. „Für mich ist
das Landesverrat“, so fasste ich meine
Wertung des bundesrätlichen Verhaltens, insbesondere im Zusammenhang
mit der Europapolitik und dem durch
andere Staaten ausgeübten Druck auf
unser Land, zusammen.
Der Bundesrat hat kürzlich ein Mandat
verabschiedet, um mit der EU ein institutionelles Rahmenabkommen auszuhandeln, das die dynamische Übernahme von EU-Recht vorsieht sowie
dem Europäischen Gerichtshof die
Hoheit bei der Rechtsauslegung und
bei Entscheiden im Streitfall zwischen
der Schweiz und der EU einräumt. Der
Chefunterhändler der Schweiz, Yves
Rossier, selbst sagte zu dieser Lösung:
„Ja, es sind fremde Richter“. Dem
Verhandlungsmandat vorausgegangen
waren vielfältige Vorbereitungshandlungen durch den Bundesrat und die
Verwaltung. Ausgangspunkt waren Forderungen der EU, welche der Schweiz
für weitere bilaterale Abkommen ihre
Grundsätze bezüglich Harmonisierung
und Rechtsübernahme aufzwingen will.
Der Bundesrat agierte von Beginn weg
wenig transparent, stützte sich auf von
ihm in Auftrag gegebene, lange Zeit
geheim gehaltene Gutachten, wie jenes
von Prof. Daniel Thürer oder auf ein
sogenanntes, noch immer nicht veröffentlichtes „Non Paper“, welches bereits erfolgte Sondierungsgespräche mit
Handlungsoptionen zwischen Bern und
Brüssel zusammenfasste. Im erwähnten
Gutachten Thürer wird hergeleitet, wie
die „Wertegemeinschaft“ Europäische
Union Recht prägt, das in seiner Qualität
als Völkerrecht über dem Landesrecht
stehe. Im Raum stand gar die Frage, wie
eine institutionelle Anbindung an die
EU ohne die Mitsprache von Volk und
Ständen erfolgen könnte. Der Bundesrat
übernimmt nun diese Logik. Sie steht
auch im Einklang mit der durch das
Bundesgericht, die Verwaltung und die
Landesregierung verfolgten Tendenz,
internationales Recht über das Landesrecht zu stellen. Missliebige Volksinitiativen werden nicht mehr umgesetzt.
Das Initiativrecht soll nach Vorstellung
des Bundesrates eingeschränkt werden.
Damit gibt die Schweiz die Hoheit über
ihr eigenes Recht Schritt für Schritt auf.
Dies bedeutet eine massive Preisgabe
von Souveränität und Unabhängigkeit
als direkte Konsequenz der bundesrätlichen Bestrebungen.
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“ Nun frage ich, was
ist die dynamische Übernahme fremden Rechts, was ist die Unterordnung
unter ein ausländisches Gericht, was
ist der Abbau der Mitspracherechte des
Souveräns anderes, als eine Verletzung
und Gefährdung der Unabhängigkeit?
Wird hier nicht offensichtlich die Einmischung einer fremden Macht in die
Angelegenheiten der Eidgenossenschaft
herbeigeführt? Für mich beschreibt Art.
266 Ziffer 1 des Strafgesetzbuches treffend, was die bundesrätliche Europapolitik und diverse andere aussenpolitische
Aktivitäten (Lex USA, Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich usw.) in
jüngerer Zeit charakterisieren. Für mich
ist das Landesverrat.
Ich bin nicht Jurist und ich beabsichtige auch nicht, den Bundesrat vor ein
Gericht zu ziehen. Ein Nachweis, dass
Bundesräte mit ihrem Handeln die Unabhängigkeit unseres Landes bewusst
gefährden wollen, dürfte zudem schwierig zu führen sein. Ich frage mich aber,
ob der Bundesrat weiss, was er tut. Darum ist für mich klar: Auf politischem
Weg ist alles zu unternehmen, um den
Bundesrat zu stoppen, wenn nötig mit
Unterstützung des Volkes an der Urne.
Die Unabhängigkeit und das Wohl der
Schweiz sind zu wichtig, um tatenlos
zuzusehen, was derzeit abläuft.
Art. 266 des Strafgesetzbuches stellt
gemäss Überschrift „Angriffe auf die
Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft“ unter Strafe, umschreibt also,
was man landläufig unter „Landesverrat“ versteht. Ziffer 1 dieses Artikels
lautet wie folgt: „Wer eine Handlung
vornimmt, die darauf gerichtet ist, die
Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft
zu verletzen oder zu gefährden, eine
die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft gefährdende Einmischung einer
fremden Macht in die Angelegenheiten Toni Brunner
der Eidgenossenschaft herbeizuführen, Präsident SVP Schweiz