4 Staatsverträge vors Volks
Wem „gehört“ die Aussenp
Am 8. August 2009 hat die überparteiliche Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) die
eidgenössische Volksinitiative „Für die Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik (Staatsverträge vors
Volk!)“ eingereicht. Die Initiative will die direktdemokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten in der Aussenpolitik ausbauen. Das Parlament lehnt die Initiative ab und sagt Nein zu mehr Demokratie. Mit einem Ja am 17.
Juni 2012 kann Bundesbern wieder auf den demokratischen Weg geführt werden. Von Pirmin Schwander
G
egen Mitsprache
Die Mehrheit im National- und
Ständerat und der Bundesrat
waren sich nach Einreichung der Volksinitiative „Für die Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik (Staatsverträge vors Volk!)“ durch die AUNS
sehr schnell einig, dass man sich gemeinsam gegen die drohende Mitsprache des Souveräns in aussenpolitischen
Fragen wehren müsse. Das ist nichts
anderes als ein eklatantes Misstrauensvotum gegenüber Volk und Kantonen,
und 16. Jahrhundert sämtliche Verträge
und Bündnisse durch das Volk genehmigen. Die Bundesverfassungen von
1848 und 1874 kannten das Staatsvertragsreferendum noch nicht. Die Unterstellung von Staatsverträgen unter das
Referendum wurde erstmals 1921 in
der Verfassung verankert.
1977 wurde das fakultative Referendum ausgedehnt auf Staatsverträge,
die den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder die
eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung
herbeiführen.
Neu eingeführt
wurde auch ein
obligatorisches
Referendum
für den Beitritt
zu supranationalen Gemeinschaften oder
zu Organisationen der kollektiven
Sicherheit. Und
Nationalrat Pirmin Schwander, AUNS-Präsident, anlässseit 2003 steht
lich seiner Rede an der Generalversammlung 2011: „Wir in der Bunhaben die Chance, unsere Freiheiten zu stärken.“
desverfassung
(Artikel 141):
denen die AUNS-Initiative mit dem ob- „Verlangen es 50‘000 Stimmbeligatorischen Staatsvertragsreferendum rechtigte oder acht Kantone, so
eine solide Basis für die dauernde Mit- werden dem Volk zur Abstimmung
sprache und Mitentscheidung in zentra- vorgelegt: Völkerrechtliche Verträlen Angelegenheiten der Aussenpolitik ge, die wichtige rechtsetzende Beverschaffen will.
stimmungen enthalten oder deren
Umsetzung den Erlass von BundesDemokratische Willensbildung ge- gesetzen erfordert.“ Diese Form
hört zur Schweizer Identität
des Staatsvertragsreferendums ge„Die alten Eidgenossen“ liessen im 15. nügt aber den aussenpolitischen
Herausforderungen nicht mehr.
Aussenpolitik ist Innenpolitik
Die wiederholten Versuche während
der letzten dreissig Jahre, die demokratische Legitimität der Aussenpolitik zu
erhöhen und die Mitwirkung von Volk
und Kantonen zu verbessern, waren
insgesamt von einem grossen Unbehagen in Bern begleitet. Das hat sich bis
heute nicht geändert. Deshalb ist per
Blankovollmacht heute die Aussenpolitik weitestgehend an „Bern“ delegiert.
Aber mehr denn je ist heute Aussenpolitik vor allem auch Innenpolitik. Deren
Folgen sind von der Bevölkerung der
Schweiz zusammen mit den Kantonen
zu tragen.
Folgerecht untergräbt die Souveränität
Weil der Bundesrat internationale Verhandlungen vorantreibt und vor allem
mit der EU mehr und mehr Staatsverträge abschliesst, führt dies zur
Übernahme fremden Rechts und auch
Folgerechts. Das Problem betrifft Doppelbesteuerungsabkommen, Freihandelsabkommen, IWF-Kredite, Erweiterungen der Personenfreizügigkeit auf
neue EU-Mitglieder usw. Ob das Volk
und die Kantone dies wollen, das bedarf der grundsätzlichen politischen
Klärung, und diese kann nur durch
Referendumsabstimmungen
herbeigeführt werden. Andernfalls wird der
Volkswille ausgeschaltet, die Unabhängigkeit der Schweiz und die direkte Demokratie werden ausgehebelt.
Schweiz wird zum Selbstbedienungsladen
Am WEF 2012 in Davos forderte