Klartext Januar 2012 | Page 10

10 Ferieninitiative NEIN zu 6 Wochen Ferien Ganze sechs Wochen Ferien im Jahr statt wie bisher nur vier – das klingt zunächst verlockend. Wer aber genauer hinschaut, erkennt schnell die Kehrseite der Medaille: Viele Unternehmen kämen in ernste Schwierigkeiten, sollte diese Initiative angenommen werden; und das führt wiederum zu massiv schlechteren Arbeitsbedingungen für alle Angestellten. Nationalrätin Céline Amaudruz, selber Angestellte einer Grossbank, erklärt, warum der Arbeitnehmer-Traum von sechs Ferienwochen begraben werden muss. Interview mit Nationalrätin Céline Amaudruz, Puplinge (GE) C éline Amaudruz, das geltende Gesetz bestimmt, dass sämtliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anrecht auf 4 Wochen Ferien pro Jahr haben. Die eingereichte Volksinitiative verlangt nun deren 6. Das ist doch sehr vorteilhaft für die Arbeitnehmenden, oder nicht? Wenn Sie mehr Ferien oder mehr Lohn bieten, so wird das natürlich von jedem Arbeitnehmenden gerne angenommen. Es gibt jedoch die ideale Welt, und es gibt die reale Welt, das wirkliche Leben und dessen Kosten. Wir durchleben eine Periode der Krise. Das bedeutet, wir müssen dafür kämpfen, unsere Arbeitsplätze erhalten zu können – und nicht dafür, mehr Ferien beziehen zu dürfen. Syndrom liessen sich mit zwei zuläre würden eingefroren, oder, sätzlichen Wochen Ferien beheben, ist schlimmer noch, gekürzt, um illusorisch und entspricht der Wahrdie zusätzlichen Ferien finanheit keineswegs. Die gegenwärtige ziell kompensieren zu können. Wirtschaftslage generiert Stress und erheblichen Druck. Das ist aber nichts • Keine Flexibilität der Arbeitgeim Vergleich zu dem, was dieselben ber: Um die Stellvertretungen Personen erdulden müssten, wenn sie sicherstellen zu können, müssten die Stelle verlieren würden und ihre die Unternehmen davon abrüBedürfnisse und jene ihrer Familie cken, Lösungen für eine flexible nicht mehr abdecken könnten. Arbeitszeitgestaltung anzubieten. Ich weise darauf hin, dass zwei Wo- • Entlassung: Kleine Unternehchen zusätzliche Ferien einem halben men, die bereits unter dem starken Monatslohn entsprechen – das Geld Franken und der Wirtschaftskrise dafür müsste man erst finden, und leiden, könnten ihren Verpflichzwar für sämtliche Angestellten! tungen nicht mehr nachkomLogischerweise könnten zahlreiche men, sie sähen sich gezwungen, Firmen, vor allem die KMU, ihren Entlassungen auszusprechen oder Verpflichtungen nicht mehr nachkomgar den Betrieb zu schliessen. Die men und sähen sich gezwungen, Pergrösseren Unternehmen würden in sonal zu entlassen oder gar zu schliesBetracht ziehen, einen Teil ihrer sen. Tätigkeit ins Ausland auszulagern, was wiederum einen grossen VerWer würde konkret unter einer Erlust für den Wirtschaftsstandort höhung der Anzahl Ferienwochen Schweiz bedeuten würde. leiden, und weshalb? Ganz klar und entgegen dem, was Auf den Punkt gebracht – was risman uns glauben machen will, wären kieren Arbeitnehmende, falls die die ersten Personen, die unter diesem Initiative angenommen werden Es gibt immer mehr Fälle von Burn- «Geschenk» leiden würden, die Ange- sollte? Was die Arbeitnehmenden bei Anout. Würden z