Durchsetzungsinitiative
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Richter über dem Volk?
„Schlichtweg nur noch enttäuscht“ stand unser Parteipräsident Toni Brunner am 11. März 2015 in der
Frühjahrssession des Nationalrats am Rednerpult, als die gesetzgeberische Umsetzung des Verfassungsartikels über die Ausschaffung krimineller Ausländer zur Debatte kam. Den Stimmbürgern bleibt nur noch
die Durchsetzungsinitiative.
von Nationalrat Hans Egloff, Aesch (ZH)
V
or viereinhalb Jahren machte
der Souverän die SVP-Initiative zur Ausschaffung krimineller Ausländer zum Verfassungsartikel. Vor einem Jahr hatte sich der
Nationalrat auf eine Kompromisslösung verständigt: Die Ausschaffung
krimineller ausländischer Täter wäre
bei schweren Delikten (z.B. Mord,
„Die Ausschaffungsinitiative wurde lanciert,
weil die Gerichts- und die
Behördenpraxis in der
Schweiz als sehr unterschiedlich und zu lasch
wahrgenommen wurde.“
Raub, Vergewaltigung usw.) zwingend
zu vollziehen gewesen. Die Ausschaffung Krimineller, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit in besonderem Masse beeinträchtigen (z.B.
Bedrohung von Behörden, Entführung, Brandstiftung), wäre für Wiederholungstäter vorgesehen gewesen.
Bürgerliche Kehrtwende
Doch nun ist alles anders. Nach dem
Ständerat haben sich die FDP- und
die CVP/EVP-Fraktion vom Kompromiss abgewendet. Dies, indem sie
die vom Stimmvolk klar abgeschmetterte Härtefallprüfung durch Gerichte
gemäss Vorschlag des Bundesrats neu
als „Einzelfallprüfung“ etikettierten
und das Ganze „Verhältnismässigkeitsprüfung“ nannten. Dass in 26
Kantonen und landesweit die Mehrheit Nein dazu sagte, interessierte die
„bürgerliche Mitte“ nicht.
Toni Brunner beurteilte das so: „Sie
stossen das Volk vor den Kopf. Das
ist nicht der Auftakt zu einer Kompromisslösung, sondern zu einem
Abstimmungskampf. Sie provozieren damit, dass die Durchsetzungsinitiative vors Volk kommt.“ Und er
kündigte an: „Die Zustimmung zu
dieser Initiative wird höher ausfallen als die zur Ausschaffungsinitiative.“
Beschliessen, was entschieden
wurde
Die Ausschaffungsinitiative wurde lanciert, weil die Gerichtsund die Behördenpraxis in der
Schweiz als sehr unterschiedlich und zu lasch wahrgenommen wurde. Die Initiative
strebt eine Praxisänderung
an. Doch ein Gesetz zu beschliessen,
das sich nahtlos in die bisherige Praxis einfügt, ist nicht der Zweck der
Übung. Mein Zürcher Kollege Gregor Rutz meinte dazu: „Es geht nicht
darum, dass Sie das beschliessen,
was Sie gerne möchten. Es geht darum, dass Sie das beschliessen, was
Volk und Stände im November 2010
entschieden haben.“
Dafür bleibt nur noch ein Weg: Die
SVP-Durchsetzungsinitiative. Denn
mit dem Richterinstrument der Härtefallprüfung dürften wohl weiterhin nur etwa 500 statt bis zu 18‘000
kriminelle Ausländer pro Jahr ihre
„Wahlheimat“ Schweiz verlassen.