KEYnote 45 Deutsch - Frühjahr-/Sommerausgabe 2023 | Page 12

L I C E N S I N G

Divide et impera : Modulare Lizenzierung

Viele Unternehmen stellen sich die Frage , wie man im Softwaregeschäft zusätzliche Einnahmen generieren kann . Die Antwort hängt von vielen Aspekten ab . Aber ein Klassiker in der Lizenzierung taucht dabei immer wieder auf : das Lizenzmodell Feature-on-Demand .
Man muss das Lizenzmodell Feature-on-Demand nicht lange erklären , es ist allen intuitiv klar . So klar , dass man den englischen Begriff oft nicht einmal in andere Sprachen übersetzt . Der Hersteller entscheidet sich , die Software nicht als einen ganzen monolithischen Block zu verkaufen , sondern einzelne Funktionalitäten separat gegen eine Gebühr freizuschalten . Das Produkt wird modular lizenziert . Oft wird darauf noch ein zusätzliches Lizenzmodell aufgesetzt . Abomodelle und nutzungsbasierte Abrechnungsmodelle sind ganz hoch im Kurs . Sie ermöglichen auf der einen Seite kontinuierliche Einnahmen und öffnen auf der anderen Seite den Zugang zu preissensitiven Märkten oder Branchen , da die von den Endkunden zu leistende Investition verteilt wird . Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Tatsache , dass eine Kombination aus Feature-on-Demand und einem Abomodell über den Produktlebenszyklus hinweg mehr Einnahmen generieren kann als das mit einer Einmalzahlung zu Beginn möglich gewesen wäre .
Feature-on-Demand als Nachbrenner im Aftermarket
Die oben genannten Vorteile gelten aber nicht nur für reine Softwarehersteller ( Independent Software Vendors , ISVs ), sondern in gleicher Art und Weise auch für Gerätehersteller ( Intelligent Device Manufacturers , IDMs ), denn die Geräte werden zum großen Teil auch über Software gesteuert . Es stellt sich beim Verkauf – insbesondere in einem Umfeld mit harten Wettbewerbsbedingungen – die Frage , wie man die preisliche Einstiegshürde für die Kunden senken kann , ohne dabei aber das Gesamtgeschäft aus den Augen zu verlieren . Und genau hier kommt das modulare Verkaufen zum Einsatz .
Die Basisfunktionen einer Anwendung werden zu einem Paket zusammengefasst , das dem Kunden die grundlegende Nutzung problemlos ermöglicht . Interessante Zusatzfunktionalitäten werden im Produktkatalog separat angeboten . Der Kunde erhält also eine Lizenz für das Basispaket und kann dann gemäß seinem Nutzungsprofil und seinen Anforderungen weitere Funktionalitäten hinzukaufen .
Die Aufgabe des Softwareherstellers dabei ist , diese Mehrwerte so interessant zu definieren , dass damit eine große Nachfrage im Markt erzeugt wird . Das können beispielsweise Zusatzmodule oder Funktionalitäten sein , die für bestimmte Anwendergruppen oder Zielmärkte von großem Interesse sind , sodass bei diesen Kunden die Bereitschaft geweckt wird , für den zusätzlichen Nutzen weitere Investitionen zu leisten .
Durch die modulare Lizenzierung ergeben sich besonders im Aftermarket-Geschäft weitere Möglichkeiten . Durch den Umgang mit der Anwendung oder dem Gerät ist der Bedarf des Kunden an eine bestimmte Funktionalität möglicherweise weiter gestiegen . Darüber hinaus kann der Hersteller aber auch kontinuierlich weitere Funktionen entwickeln und zur Verfügung stellen . Das ist aber nicht nur für reine Softwarehersteller interessant , sondern findet auch immer mehr Anwendung im Industriebereich . Geräte werden mit dem kompletten Funktionsumfang ausgeliefert und der Kunde kann entweder direkt beim Kauf oder aber auch nach dem Kauf des Basisgeräts solche Funktionen zusätzlich erwerben und diese über die Aktivierung einer Lizenz ganz einfach online oder offline freischalten . In der Automobilindustrie findet man heute schon viele Beispiele dafür . Tesla war ein Vorreiter bei der Bereitstellung solch freischaltbarer Funktionalitäten .
Der Verzicht auf eine Produktion von Gerätevarianten zugunsten eines universellen Standardgeräts mit allen Funktionen reduziert dabei oft auch die Produktionskosten . Sind diese zu-
12