Je mehr ich schreibe desto besser
werde ich?
Interview mit Kim Youngha
Interview von Esther Klung; Foto von Dongha Choe
K
im Youngha schreibt Beststeller. Sein erster
Roman „Das Gotesspiel“ schockierte 1996 die
koreanischen Leser. Seitdem hat sich seine Art
zu schreiben verändert. Im April erschien „Schwarze
Blume“ auf dem deutschen Markt und Kim Youngha
verließ New York, wo er im Moment lebt, und begab sich
auf Lesereise. K-Colors Of Korea traf ihn zum Interview
in Berlin.
K: Was hat Sie an der Hintergrundgeschichte zu
“Schwarze Blume” gereizt?
KYH: Zu allererst hörte ich die Geschichte von einem
Freund von mir. Er ist Regisseur und war auf dem Weg
von Los Angeles nach Seoul. Im Flugzeug hörte er die
unglaubliche Geschichte von einem kleinen Staat, der
im Dschungel in Guatemala gegründet worden war. Er
dachte, es sei nur ein Gerücht, doch erzählte mir die
Geschichte und aus Neugier ing ich an zu recherchieren.
Ich fand einen Beweis für diese Geschichte, einen
Zeitungsartikel, der 1916 in San Francisco veröfentlich
worden war. Das faszinierte mich, denn ich selbst war in
meinem Leben schon ot umgezogen. Mein Vater war
Oizier bei der Armee und so zogen wir einmal im Jahr
um. Deswegen faszinieren mich Leute, die verschwinden.
Ich entschied nach Mexiko und Guatemala zu gehen.
Außerdem fand ich einen Bericht von einer koreanisch
stämmigen Amerikanerin, die in Los Angeles lebt.
K: Basieren die Charaktere aus Ihrem Buch auf
realen Menschen?
KYH: Ungefähr die Hälte entstammt der Geschichte,
der Rest ist Fiction. Vor allem die Hauptcharaktere sind
erdacht, denn ich brauche Spielraum um einen Plot zu
entwerfen.
K: Was war das Faszinierendste und Inspirierende,
auf das Sie während der Recherche gestoßen
sind?
KYH: Vor 1920 waren die Klassen in Korea streng
voneinander getrennt. Auf dem Weg nach Mexiko
mussten sie sich mischen. Ich empinde dies als
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Modernisierungsprozess. In Korea wurde die
Modernisierung gewaltsam vollzogen, durch die
herrschenden Kräte, einen Krieg oder Kolonisierung
Alle Klassen und selbst die Geschlechter wurden
auf dem Schif nach Guatemala gemischt. Zuerst
interessierte mich dies. Die andere Sache war, dass
ich Katholik gewesen bin. In Korea haten alle
importierten Religionen anfangs Schwierigkeiten
mit dem Schamanismus. Als ich den Bericht über die
Emigration las, fand ich heraus, dass ein Schamane und
ein katholischer Priester auf dem Schif waren. Zu dieser
Zeit gab es kaum Katholiken in Korea, Schamanismus
hingegen war populär. In Mexiko kamen die beiden
sogar auf dieselbe Hazienda. Das Land selbst ist auch
ein Land der vermischten Religionen, wie Katholiken,
die Mayas und andere einheimische Religionen.
K: Sie sagten, Sie sind heute kein Katholik mehr,
woran liegt das?
KYH: Als ich Student war, zwischen 1986 und 1989
durchlebte Korea eine sehr historische Zeit, denn 1987
kam es zur Demokratisierung. Ich selbst erlebte dies als
eine Art Tornado und viele koreanische Studenten waren
Marxisten. Es war ein Trend. Ich bin es nicht mehr. Aber
zu der Zeit sahen viele die Hofnung im Marxismus.
Es war in Korea verboten Marx und Engels zu lesen,
doch dadurch wurde es noch atraktiver für uns. Viele
Studenten sahen in dieser Philosophie eine Alternative.
So habe ich mich von der Religion abgewandt.
K: Der Titel „Schwarze Blume“ hat mich ein wenig
überrascht. Wer genau ist die „schwarze Blume“
in der Geschichte? Warum haben Sie diesen Titel
gewählt?
KYH: Es gibt dafür zwei Gründe. Wenn man alle Farben
mischt, erhält man schwarz. Ich habe Ihnen bereits
gesagt, dass mich das Vermischen als erstes faszinierte.
Doch es gibt in der ganzen Welt keine einzige schwarze
Blume. Ich dachte, die schwarze Blume könne somit
eine Art Metapher für Utopia sein. Aber ich denke, es
gibt niemanden, der es so wie ich interpretiert, daher