Romantik. Im vierten Stock angekommen, wurden wir
von der Schwester der Braut begrüßt, die uns kleine
Kärtchen in die Hand drückte und uns autrug diese für
später gut aufzuheben. Die anderen Gäste händigten
Briefumschläge mit Geld für das Brautpaar aus, bevor
sie die Kärtchen bekamen, was an sich keine schlechte
Idee ist, denn bei Geschenken kann man viel falsch
machen. Doch was sollten diese Karten?
Unsere Lehrerin befand sich im angrenzenden
Raum zum Trauungssaal, konnte uns jedoch nicht
begrüßen, da ihr gigantisches Kleid und das gesamte
Zubehör, es ihr unmöglich machten, sich auf eine andere
Weise zu bewegen als kerzengerade nach vorn. Kurze
Zeit später startete die Zeremonie und der Brautvater
führte seine Tochter zwischen den Gästen hindurch,
bevor er sie seinem zuküntigen Schwiegersohn
übergab. Es folgten Worte des Segens, von denen ich
nicht all zu viel verstand, der Austausch der Ringe, die
Verneigungen vor den Eltern und Gästen und zwei kurze
Reden der jeweiligen Väter. Kein Kuss. Dann wurde
unser Video auf der Leinwand gezeigt und eine andere
Schülerin aus der Mongolei führte einen traditionellen
Tanz in Kostüm vor. Schließlich wurde eine große
Hochzeitstorte hineingeschoben, deren Kerzen das
Brautpaar ausblies und die es mit einem großen Messer
gemeinsam anschnit. Gegessen wurde die Torte nicht.
Alles erschien mir irgendwie zu einstudiert und
abgefertigt, so unromantisch. Die Mitarbeiterinnen
dieses Hochzeitshauses kannten jeden Handgrif und
gaben die Reihenfolge vor, in der die Dinge zu „erledigen“
waren. Es gab keinerlei Verzögerungen, Überraschungen,
oder Spontanität, die meiner Meinung nach eine solche
Feier erst zu etwas Besonderem machen. Nach nicht
mehr als einer Stunde war die Zeremonie vorbei und
der hauseigene Fotograf begann seine Arbeit, in dem
er die Gäste an die richtige Stelle dirigierte, Haltung
und Blickrichtung vorgab. Nachdem auch das erledigt
war, verließen die Gäste nach und nach die Halle und
eine andere Lehrerin unserer Universität schickte uns
eine Etage tiefer, wo das Essen serviert wurde. Wir
machten uns also auf den Weg und fanden uns vor einer
großen Tür wieder, vor der Angestellte in Uniformen
die Kärtchen einsammelten, die wir vorher bekommen
haten. Wir gaben sie also hin und betraten den Saal,
der in keiner Weise an das freudige Ereignis erinnerte,
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das gerade einen Stock höher statgefunden hate,
schmucklos und kalt sah er aus. Darin saßen Personen,
die ich bei der Trauung gar nicht gesehen hate, aber
mir wurde schnell bewusst, dass dies Gäste der anderen
Hochzeiten im Haus sein mussten. Wir setzten uns also
an einen der langen Tische, die mich an die Kantine
unserer Universität erinnerten und warteten bis uns
die Küchendamen das Essen brachten. Eine Auswahl
gab es nicht. Wer also Nudeln nicht sonderlich mochte,
hate schlechte Karten. Aber zur Not standen Soju und
Pappbecher bereit. Wie romantisch!
Ich muss an dieser Stelle leider zugeben, wie
entäuscht ich von der Art war, wie in Korea viele
Hochzeiten abzulaufen scheinen. Wo bleibt die Magie,
die Romantik, das Besondere, was später die Erinnerung
an einen solchen Tag so wertvoll macht? Ich weiß zwar
noch nicht, wann, wen und ob ich überhaupt heiraten
werde, aber eines steht fest: So eine Hochzeit kommt
deinitiv nicht in Frage!