K-Colors of Korea April 2014 | Page 12

Romantik. Im vierten Stock angekommen, wurden wir von der Schwester der Braut begrüßt, die uns kleine Kärtchen in die Hand drückte und uns autrug diese für später gut aufzuheben. Die anderen Gäste händigten Briefumschläge mit Geld für das Brautpaar aus, bevor sie die Kärtchen bekamen, was an sich keine schlechte Idee ist, denn bei Geschenken kann man viel falsch machen. Doch was sollten diese Karten? Unsere Lehrerin befand sich im angrenzenden Raum zum Trauungssaal, konnte uns jedoch nicht begrüßen, da ihr gigantisches Kleid und das gesamte Zubehör, es ihr unmöglich machten, sich auf eine andere Weise zu bewegen als kerzengerade nach vorn. Kurze Zeit später startete die Zeremonie und der Brautvater führte seine Tochter zwischen den Gästen hindurch, bevor er sie seinem zuküntigen Schwiegersohn übergab. Es folgten Worte des Segens, von denen ich nicht all zu viel verstand, der Austausch der Ringe, die Verneigungen vor den Eltern und Gästen und zwei kurze Reden der jeweiligen Väter. Kein Kuss. Dann wurde unser Video auf der Leinwand gezeigt und eine andere Schülerin aus der Mongolei führte einen traditionellen Tanz in Kostüm vor. Schließlich wurde eine große Hochzeitstorte hineingeschoben, deren Kerzen das Brautpaar ausblies und die es mit einem großen Messer gemeinsam anschnit. Gegessen wurde die Torte nicht. Alles erschien mir irgendwie zu einstudiert und abgefertigt, so unromantisch. Die Mitarbeiterinnen dieses Hochzeitshauses kannten jeden Handgrif und gaben die Reihenfolge vor, in der die Dinge zu „erledigen“ waren. Es gab keinerlei Verzögerungen, Überraschungen, oder Spontanität, die meiner Meinung nach eine solche Feier erst zu etwas Besonderem machen. Nach nicht mehr als einer Stunde war die Zeremonie vorbei und der hauseigene Fotograf begann seine Arbeit, in dem er die Gäste an die richtige Stelle dirigierte, Haltung und Blickrichtung vorgab. Nachdem auch das erledigt war, verließen die Gäste nach und nach die Halle und eine andere Lehrerin unserer Universität schickte uns eine Etage tiefer, wo das Essen serviert wurde. Wir machten uns also auf den Weg und fanden uns vor einer großen Tür wieder, vor der Angestellte in Uniformen die Kärtchen einsammelten, die wir vorher bekommen haten. Wir gaben sie also hin und betraten den Saal, der in keiner Weise an das freudige Ereignis erinnerte, 10 das gerade einen Stock höher statgefunden hate, schmucklos und kalt sah er aus. Darin saßen Personen, die ich bei der Trauung gar nicht gesehen hate, aber mir wurde schnell bewusst, dass dies Gäste der anderen Hochzeiten im Haus sein mussten. Wir setzten uns also an einen der langen Tische, die mich an die Kantine unserer Universität erinnerten und warteten bis uns die Küchendamen das Essen brachten. Eine Auswahl gab es nicht. Wer also Nudeln nicht sonderlich mochte, hate schlechte Karten. Aber zur Not standen Soju und Pappbecher bereit. Wie romantisch! Ich muss an dieser Stelle leider zugeben, wie entäuscht ich von der Art war, wie in Korea viele Hochzeiten abzulaufen scheinen. Wo bleibt die Magie, die Romantik, das Besondere, was später die Erinnerung an einen solchen Tag so wertvoll macht? Ich weiß zwar noch nicht, wann, wen und ob ich überhaupt heiraten werde, aber eines steht fest: So eine Hochzeit kommt deinitiv nicht in Frage!