Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 3.2018 | Page 24
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Blickpunkt
interaktiv 3|2018
Reine Laserforschung
Beim Bau des weltweit stärksten Lasers ist höchste Sauberkeit Pflicht
Nahe der tschechischen Hauptstadt Prag entsteht derzeit mit EU-Mitteln das weltweit stärkste Laserzentrum:
»Extreme Light Infra structure« (ELI). Es soll in wenigen Jahren Wissenschaftlern aus aller Welt für die Grundlagen -
forschung zur Verfügung stehen.
Was CERN für die Teilchenphysiker bedeutet, soll ELI
für die Laserforschung werden. Schon der Bau der
Anlage, die mehrere Hundert Millionen Euro kosten
wird, stellt Experten vor bislang unbekannte Heraus -
forde rungen. Das Problem: Die Apparatur von der
Größe eines Fußballfeldes reagiert sehr empfindlich
auf Verunreinigungen. Die hochenergetischen Laser -
strahlen, die durch ein Ultrahochvakuum jagen, wür-
den Partikel und Gase in die Wände einbrennen oder
versintern, also in Stoffe verwandeln, die sich wie eine Be - packt und auf den Weg geschickt. Die schwäbischen Sauber -
schichtung ablagern. Die Umlenkspiegel würden blind, und männer verwenden für die Verpackung eine spezielle Folie, die
die ganze Anlage unbrauchbar. Sauberkeit ist deshalb höch- der Hersteller eigens für das IPA in einem Reinraum produziert
stes Gebot. Die Auflagen sind hoch: So darf nur 100 Nano - hat. Für andere Kom ponenten wäre der Transport zu aufwen-
gramm organischer Schmutz pro Quadratmeter an den dig. So sind allein mehr als 100 Edelstahlrohre nötig, jede 6 Innen seiten haften, das sind gerade ein paar Moleküllagen. Meter lang und 40 Zenti meter dick. In ihnen werden die Laser - keiten und zählt anschließend die Partikel aus. So kann er nicht Er schwerend kommt hinzu, dass Dutzende unterschiedlicher strahlen später durch das Ultrahochvakuum laufen. Diese nur ermitteln, ob die Partikelzahl den Vorgaben entspricht, dann, wie groß die organische Verschmutzung ist. »Wir können
Unternehmen aus ganz Europa die einzelnen Komponenten Rohre lassen sich nur vor Ort verbinden, wofür ein provisori- sondern auch den Reinigungsprozess optimieren. Denn die selbst noch eine Moleküllage messen«, sagt Keller.
liefern, vom Bodenbelag bis zum Rostschutzmittel, vom Stahl - scher Reinraum nötig ist. Das bedeutet: Wandbeschichtung, Analysen zeigen, wie die Sauberkeit im Laufe der Reinigung träger bis zum Isoliermaterial. Sie alle müssen die vorgegebe- Bodenbelag, Rostschutz – nichts in diesem Umfeld darf aus- zunimmt und wie lange abgesprüht werden muss. Nachträgliche Reinigung ausgeschlossen
Zu den Aufgaben der IPA-Experten gehört auch, die Mitarbeiter
stimmte Menge des Lösemittels eintrocknen und ermitteln
nen Reinheitsnormen penibel einhalten. »Das ist ein Riesen - gasen. Das IPA sucht mit Hilfe von Laborversuchen nach den aufwand«, sagt Markus Keller, Experte für Reinheit beim optimalen Baumaterialien. Die Unterschiede sind groß: So ver- Neben den Partikeln können auch organische Substanzen an Fraunhofer IPA. strömt ein üblicher Industrie boden rund 10 000 Mal so viel den Wänden haften, etwa Fingerabdrücke. Dafür sind weitere der beteiligten Unternehmen zu schulen. Denn kaum jemand
Gas wie ein Reinraumboden. Kontrollen nötig. Auch hier verfügt das IPA über das nötige weiß, wie er sich verhalten muss, um Verunreinigungen zu
hochreine Equipment: Für kleine Flächen benutzt man SWABs, vermeiden – zumal es für dieses Spezialgebiet noch keinen
Analysen aus Stuttgart eine Art Highend-Wattestäbchen, für größere Flächen WIPEs, Studiengang gibt. Und der Superlaser verzeiht keine Fehler.
hochreine Tücher. Die kleinen Dosen, in denen die Tücher ver- Ohnehin betreten alle Beteiligten bei diesem Projekt Neuland.
und es werden immer mehr. Denn das Stuttgarter Institut ver- Die größte Herausforderung sind freilich die Innenräume, die schickt werden, sehen nicht gerade aus wie Hightech-Produkte, Die Projektleiter vom Unternehmen ELI Beamlines fürchten
fügt nicht nur über den weltweit größten Reinraum der Luft - Rohre und Verteilerkammern, durch die später die Laser strahlen und doch steckt viel Know-how und jahrelange Arbeit dahin- nichts mehr als einen Blackout beim Hochfahren der Anlage.
reinheitsklasse ISO 1, seine Experten haben auch das nötige laufen. Sie müssen den höchsten Anforderungen genügen. ter. Denn überall lauern Verunreinigungen, die Tuch oder Dose Zwei Szenarien sind möglich: Das nötige Vakuum könnte
Fraunhofer IPA unterstützt
Viele Unternehmen haben sich inzwischen an das IPA gewandt –
Know-how in allen Fragen der Reinheit. Und bei diesem Projekt, Das bedeutet: Der Produzent muss sie säubern, hermetisch kontaminieren könnten. Das IPA hat sogar Transport versuche nicht erreicht werden, weil Materialien ausgasen. Oder die
das Keller leitet, sind alle Facetten gefragt, von der Reinigung verpacken und in Tschechien sauber zusammensetzen. Ohne gemacht und Behälter bei jedem Wetter über Land geschickt, Umlenkspiegel könnten unvermittelt beschlagen. Eine nach-
bis zur Validierung, von der sauberen Verpackung bis zur Kontrolle ist das nicht möglich. Die Reinigung erfolgt mit einem um Veränderungen auf der Reise ausschließen zu können. trägliche Reinigung ist nicht möglich. Wenn die Apparatur
Schulung. Es geht sowohl um organische Verunreini gungen Lösemittel-Gemisch, mit dem die Teile abgesprüht werden. Das Vorgehen ist ähnlich wie bei den Partikeln: Ein Mitarbeiter erst einmal steht, bleibt sie hermetisch verschlossen.
als auch um Partikel. Und es geht darum, dass keine Materia - Dann kommt das IPA ins Spiel – und ein ständiger Transport des Produktionsunternehmens öffnet das Transportbehältnis, lien verwendet werden, die ausgasen wie der Kunststoff in kreuz und quer durch Europa. Das Institut schickt zunächst entnimmt das Wischmedium, wischt über eine Fläche von vor-
Kontakt
einem neuen Auto. Die Vorgehensweise ist entsprechend viel- extrem saubere Gefäße zur Produktionsfirma, die sie mit Pro - gegebener Größe und packt alles möglichst rasch wieder in Dr.-Ing. Markus Keller
seitig. Manche Teile wie ein Vakuumschieber von einer halben ben ihrer Spülflüssigkeit füllt. Zur Analyse kommen sie zurück das Behältnis, die auch ein Lösemittel enthält. Für die Analyse Telefon +49 711 970-1560
Tonne Gewicht werden in Stuttgart gereinigt, sorgsam ver- nach Stuttgart. Hier filtriert Keller mit seinem Team die Flüssig - sind wiederum die Stuttgarter zuständig. Sie lassen eine be - [email protected]
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