Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 3.2016 | Page 24
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interaktiv 3|2016
Roboter hilft beim
Positionieren
von Interventionsnadeln
Die Ultraschalluntersuchung zeigt einen Schatten auf der Leber.
Im OP soll das so vonstattengehen: Zunächst erstellt der Arzt,
Ein Tumor? Diese Frage kann oftmals nur eine Biopsie beant-
wie bisher üblich, eine computertomographische Aufnahme
worten: Dabei entnimmt der Arzt mit einer langen Nadel ein
des Patienten. Allerdings hält der Roboterarm dabei ein Kalib-
Stück des vermeintlich bösartigen Gewebes und lässt es im
rierungswerkzeug mit in das Bild. Dieses dient ihm zum Ab-
Labor untersuchen. Die Nadel für diese Entnahme präzise zu
gleich: Welche Position im Raum muss er einnehmen, um eine
platzieren, ist jedoch alles andere als einfach. Zum einen gilt
bestimmte Stelle im Bild anzufahren? Eine Software aus den
es sicherzustellen, dass der Arzt den Tumor erwischt – und
Labors des MEVIS analysiert das Bild und unterstützt den Arzt
nicht gesundes Gewebe einige Millimeter daneben entnimmt.
Zum anderen darf die Nadel Adern, Nervenbahnen und Organe
wie die Lunge nicht verletzen und durch knochenartige Strukturen wie die Rippen kann sie nicht hindurch. Um einen Überblick zu erhalten, macht der Arzt zunächst eine Computertomographie-Aufnahme. Anhand dieser manövriert er die
»In etwa drei Jahren könnte
das System an Patienten eingesetzt werden.« Andreas Rothfuss
Nadel an die richtige Stelle. Die gleiche Herausforderung stellt
sich auch bei Therapiearten, bei denen über die Nadel Hitze,
Kälte oder hochenergetische Strahlen gezielt in das erkrankte
Gewebe geleitet und der Tumor somit zerstört wird.
beim Platzieren der virtuellen Nadel. Die Software zeigt die
Nadel im Bild an. Führt der Arzt eine Therapie statt einer Biopsie
durch – soll die Nadel den Tumor also etwa durch Hitze zerstö-
Präzision des Roboters und Expertise des Arztes
ren – simuliert die Software, wie sich die Wärme im Gewebe
ergänzen sich
ausbreitet. Anschließend muss geklärt werden, wie viele Nadeln
Das neue Assistenzsystem benötigt lediglich
fünf Minuten zum Platzieren der Nadel.
an welchen Stellen nötig sind, um den gesamten Tumor abKünftig sollen sich die Nadeln schneller und präziser an Ort
zutöten. Ist diese Frage geklärt, wird das Kalibrierungstool
und Stelle bringen lassen: Mit einem Roboterarm, den Forscher
am Roboterarm durch eine Nadelführung ersetzt. Mit dieser
der Mannheimer-Projektgruppe für Automatisierung in der
fährt der Roboter die errechnete Position an und setzt die
Medizin und Biotechnologie PAMB des Fraunhofer IPA gemein-
Führung im passenden Winkel auf der Haut ab. Der Roboter
sam mit Kollegen des Fraunhofer MEVIS an diese Aufgabe an-
hantiert also keineswegs selbst mit der Nadel. Dies übernimmt
gepasst haben. »Während wir Menschen uns mit dem Plat-
zu jedem Zeitpunkt der Arzt: Er schiebt die Nadel durch deren
zieren einer solchen Nadel schwer tun, sind Roboter mit ent-
Führung, die der Roboter an Ort und Stelle hält, Stück für
sprechender Intelligenz dabei kaum zu schlagen«, sagt Andreas
Stück in das Gewebe.
Rothfuss, Wissenschaftler der PAMB. Der Roboter macht das,
was er gut kann – er sucht den richtigen Weg und positioniert
Geringere Strahlenbelastung für Arzt und Patient
die Nadelführung so, dass weder Patient noch Arzt getroffen
der Arzt die Nadel festhalten, dabei verdeckte seine Hand
Kontakt
einen Teil der Aufnahme. Zum anderen war die Hand des Arztes
Andreas Rothfuss
bei jedem Kontrollbild den Röntgenstrahlen ausgesetzt. Nun
Telefon +49 621 17207192
hält der Roboter die Nadel mit seiner Führung fest – ihm kann
[email protected]
oder verletzt werden. Anschließend übernimmt der Arzt wie-
Stimmt die tatsächliche Position der Nadel mit der geplanten
die Strahlung nichts anhaben. Auch für den Patienten ist die
der und führt die Nadel ins Gewebe ein. »Während ein Mensch
überein? Um dies zu kontrollieren, macht der Arzt wie ge-
Strahlenbelastung deutlich geringer: Da der Arzt die Nadel
30 Minuten braucht, um die Nadel zu platzieren, vergehen
wohnt Röntgenbilder, während er die Nadel ins Gewebe schiebt.
durch die Führung schiebt, kann sie nicht verrutschen. Es sind
mit Roboterassistenz maximal fünf Minuten«, so Rothfuss.
Der Roboter bietet allerdings auch hier Vorteile: Bisher musste
daher deutlich weniger Kontrollaufnahmen nötig.
Britta Widmann/jdw
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