interaktiv 3 | 2016 Titel 11
Wege zu einer bezahlbaren Gesundheit von morgen
Die gute Nachricht vorab : Unsere Chancen auf ein langes und gesundes Leben sind besser als je zuvor . Allein in den letzten 60 Jahren ist die mittlere Lebenserwartung in Deutschland um 12 Jahre gestiegen . Männer werden derzeit im Durchschnitt 78 Jahre alt , Frauen sogar 83 . Tendenz steigend .
Die Menschen werden nicht nur älter , sie bleiben auch länger fit . In einem Alter , in dem unsere Großväter bereits am Stock gingen , brechen heute junggebliebene Rentner auf zu Welt - reisen , Segeltörns und Gebirgsdurchquerungen . Dass wir länger aktiv am Leben teilnehmen können als alle Generationen vor uns , hat verschiedene Gründe : Da sind einmal die verbesserten Lebensbedingungen , dazu kommen eine gesundheitsbewusste Lebensweise , gute Ernährung und last but not least eine hervorragende medizinische Versorgung . Viele Krank heiten , die noch vor hundert Jahren zu Invalidität oder zum Tode geführt haben , sind heute behandelbar : Impfungen schützen uns vor gefährlichen Infektionskrankheiten ; gegen Krebs gibt es Chemotherapeutika ; verengte Arterien lassen sich durch Stents weiten ; abgenutzte Gelenke durch Prothesen ersetzen . Und in Zukunft wird man Patienten mit maßgeschneiderten personalisierten Therapien gezielter behandeln können als bisher .
Der Fortschritt hat allerdings seinen Preis . Das ist die schlechte Nachricht . Bereits heute fließen weltweit fast zehn Prozent des Bruttosozialprodukts in das Gesundheitswesen . » Mit dem voraussehbaren demographischen Wandel werden die Kosten noch weiter ansteigen , weil ältere Menschen häufiger medizinische Versorgung benötigen als junge «, prognostiziert Urs Schneider . Der Mediziner leitet die Abteilung » Biomecha tronische Systeme « am Fraunhofer IPA . » Gleichzeitig zahlen immer weniger junge Berufstätige , die selten krank sind , in die Kranken - kassen ein «, führt Schneider aus . » Damit gerät unser Gesund - heitssystem zunehmend unter Druck . Um es zukunftsfähig zu machen , müssen wir Kosten sparen : indem man beispielsweise die Prozesse in der Entwicklung und Herstellung von Pharma - zeutika optimiert und automatisiert , preiswerte Therapien entwickelt , die Abläufe im Gesundheitswesen verbessert und indem man alles dafür tut , dass Menschen erst gar nicht pflegebedürftig werden .« Kurz gesagt : Das Gesundheitssystem muss effizienter werden .
Die Effizienzsteigerung ist eine der Kernkompetenzen des Fraunhofer IPA . Die Forscher haben jahrzehntelange Erfahrung mit der Automatisierung , Flexibilisierung und Optimierung von Produktionsprozessen . Dieses Know-how wenden sie seit einigen Jahren im Geschäftsfeld » Medizin- und Biotechnik « auch auf medizinische Themen an . Unterschiedliche Bereiche des Gesundheitssystems wurden mittlerweile analysiert . Dabei zeigte sich , dass es an vielen Stellen – von der Laborarbeit bis zur Herstellung neuer Medikamente , von der Gesundheits vor - sorge bis zur Pflege – Einsparpotenziale gibt , die helfen , eine bezahlbare und gleichzeitig optimale medizinische Versorgung der Patienten von morgen sicherzustellen .
Optimierte Labor-Routine
Gemeinsam mit Kunden aus der Pharmaindustrie untersuchen die Stuttgarter Fraunhofer-Forscher , wie sich die Arbeits ab läufe bei der Entwicklung neuer Medikamente optimieren lassen . » In den Laboratorien wird immer noch viel manuell durchgeführt und dokumentiert «, berichtet Mario Bott von der Ab - teilung » Laborautomatisierung und Bioproduktions technik «. » In anderen Industriezweigen , beispielsweise im Automobil - bau oder bei der Fertigung von Mikroelektronik , ist die Auto - matisierung viel weiter fortgeschritten . Dort beginnt jetzt die Umstellung auf Industrie 4.0 . Von den Erfahrungen , die wir hier sammeln , können auch Pharmaunternehmen profitieren .« So arbeitet die Abteilung derzeit an Standards für die Kom - munikation zwischen Laborgeräten .
Wie kaum eine andere Branche können die Bioproduktion und die Erforschung von Medikamenten von den Methoden und Synergien der digitalen Revolution profitieren . Die hochregulierten Einheiten fungieren als vernetzte Datenfabriken zum Verständnis komplexer Erkrankungen . Das Fraunhofer IPA unter -