Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 2.2020 | Page 53

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Neue Herausforderungen bei der Lackieranlagen planung

Das nächste Jahrzehnt steht vor der Tür – eine Gelegenheit , seinen Blick darauf zu richten , welchen Herausforderungen wir uns in der industriellen Lackiertechnik aktuell und in Zu - kunft stellen müssen . Aus unserer täglichen Arbeit mit Unter - nehmen aus den unterschiedlichen Branchen ergeben sich einige besonders richtungsweisende Themen .
Flexibilität und Modularität
Um den Ansprüchen möglichst vieler Kunden gerecht zu werden und im zunehmenden Wettbewerb bestehen zu können , wird die Produkt viel falt in vielen Bereichen erhöht . Das kann zur Folge haben , dass sich auch die Taktzeiten der einzelnen Prozessschritte verändern . In klassischen Lackierlinien sind diese Variationen nur bedingt realisierbar . Darum sind modulare Anlagen , die auf das jeweilige Produkt abgestimmte Prozesse ermöglichen , zu nehmend gefragt . So kann produktspezifisch ohne Effizienz verlust zum Beispiel sowohl eine einschichtige als auch vierschichtige Lackierung aufgetragen werden mit jeweils unterschiedlichen Bearbeitungszeiten . Es ist auch möglich , zu Be ginn mit wenigen Modulen die Produktion zu starten und später bei erhöhtem Kapazitätsbedarf zusätzliche Module in Betrieb zu nehmen .
Digitalisierung
Bei der Planung und Optimierung von Lackierprozessen und -anlagen rückt Industrie 4.0 immer stärker in den Fokus . In den ( teil- ) automatisierten Anlagen werden Komponenten in der Regel mit Hilfe von Feldbussystemen gesteuert . Durch eine vergleichsweise einfache Erweiterung der Komponente um Sensoren , Speichermedien und Software können Daten gespeichert , verarbeitet und ausgewertet werden .
Beispielsweise können zur Dosiertechnikoptimierung geeignete Sensoren installiert und damit Rückschlüsse auf Fehler im Lack ier - ergebnis automatisch erkannt werden . Die dadurch ge nerier ten Daten können weiterhin für die vorbeugende Instandhaltung verwendet werden . Die Erfüllung der Dokumentationspflicht der produzierten Teile ( Nachvollziehbarkeit , Chargenver fol gung , IATF 16949 etc .) kann mit den gespeicherten Daten ebenfalls sichergestellt werden . Ein weiterer Vorteil bietet die automatisierte Ermittlung von Ist-Lösemittelbilanzen aus dem Prozess zur Vorlage bei der zuständigen Behörde . Hier kann frühzeitig eine Tendenz zur Überschreitung des Schwellenwertes erkannt werden . Infolge dessen können notwendige Schritte rechtzeitig geplant und umgesetzt werden , um die Umwelt belas - tung zu minimieren .
Die Umsetzung der Digitalisierung in den Prozessen der Lackier - betriebe bietet nicht nur den großen Konzernen Einspar poten - ziale . Auch mittelständische Unternehmen können durch Digitalisierung ihrer Prozesse eine nachhaltige Produktivitäts - verbesserung erreichen .
Nachhaltigkeit
Viele Staaten und Unternehmen wollen innerhalb des nächs - ten Jahrzehnts den CO 2 -Ausstoß deutlich reduzieren oder gar klimaneutral werden . Deutschland hat sich das Ziel ge setzt , bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu senken . Große deutsche Unter - nehmen setzen sich ebenfalls ambitionierte CO 2 -Emis sions - ziele . Zum Beispiel will Mercedes-Benz Cars bereits 2022 in den eigenen deutschen Werken CO 2 -neutral produzieren . Die Liefer kette soll sukzessive ebenfalls in diese Strate gie einbezogen werden . CO 2 -Ziele werden zu einem Schlüssel krite - rium für Lieferantenentscheidungen . Um die Wettbewerbs - fähigkeit zu sichern , werden Investitionen in die Nachhaltig - keit zunehmend wichtiger . Der ganzheitliche Ansatz schließt dabei alle Fak toren ein , die eine Auswirkung auf den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens haben . Neben der Energieeffizienz der An lagen , kann durch intelligente Steue - rung der Anlagen , vorbeugende Instandhaltung und Redu - zierung von Ausschuss die Effizienz der Produktion erhöht werden . n
Kontakt Dr . rer . nat . Volker Wegmann Telefon + 49 711 970-1753 volker . wegmann @ ipa . fraunhofer . de