INFO - BLATT DONAUSCHWABEN WELTWEIT 2020-01 WDV INFO BLATT 2020-01 | Page 8
VOR 70 JAHREN
UNTERZEICHNUNG DER CHARTA DER DEUTSCHEN HEIMATVERTRIEBENEN
Im Bewußtsein ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen, im Bewußtsein ihrer
Zugehörigkeit zum christlichabendländischen Kulturkreis, im Bewußtsein ihres deutschen
Volkstums und in der Erkenntnis der gemeinsamen Aufgabe aller europäischen Völker, haben die
erwählten Vertreter von Millionen Heimatvertriebenen nach reiflicher Überlegung und nach
Prüfung ihres Gewissens beschlossen, dem deutschen Volk und der Weltöffentlichkeit gegenüber
eine feierliche Erklärung abzugeben, die die Pflichten und Rechte festlegt, welche die deutschen
Heimatvertriebenen als ihr Grundgesetz und als unumgängliche Voraussetzung für die Herbei
führung eines freien und geeinten Europas ansehen.
1. Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Dieser Entschluß ist
uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid, welches im besonderen das letzte
Jahrzehnt über die Menschheit gebracht hat.
2. Wir werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung
eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben
können.
3. Wir werden durch harte, unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau
Deutschlands und Europas.
Wir haben unsere Heimat verloren. Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Erde. Gott hat
die Menschen in ihre Heimat hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat
trennen, bedeutet, ihn im Geiste töten.
Wir haben dieses Schicksal erlitten und erlebt. Daher fühlen wir uns berufen zu verlangen, daß
das Recht auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit
anerkannt und verwirklicht wird.
So lange dieses Recht für uns nicht verwirklicht ist, wollen wir aber nicht zur Untätigkeit
verurteilt beiseite stehen, sondern in neuen, geläuterten Formen verständnisvollen und brüder
lichen Zusammenlebens mit allen Gliedern unseres Volkes schaffen und wirken.
Darum fordern und verlangen wir heute wie gestern:
1. Gleiches Recht als Staatsbürger nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch in der
Wirklichkeit des Alltags.
2. Gerechte und sinnvolle Verteilung der Lasten des letzten Krieges auf das ganze
deutsche Volk und eine ehrliche Durchführung dieses Grundsatzes.
3. Sinnvollen Einbau aller Berufsgruppen der Heimatvertriebenen in das Leben des
deutschen Volkes.
4. Tätige Einschaltung der deutschen Heimatvertriebenen in den Wiederaufbau
Europas.
Die Völker der Welt sollen ihre Mitverantwortung am Schicksal der Heimatvertriebenen als der
vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen empfinden. Die Völker sollen handeln, wie es
ihren christlichen Pflichten und ihrem Gewissen entspricht. Die Völker müssen erkennen, daß das
Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen wie aller Flüchtlinge, ein Weltproblem ist, dessen
Lösung höchste sittliche Verantwortung und Verpflichtung zu gewaltiger Leistung fordert.
Wir rufen Völker und Menschen auf, die guten Willens sind, Hand anzulegen ans Werk, damit aus
Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden
wird.
Stuttgart, den 5. August 1950