Im Blick Dezember 2018 / Januar 2019 Im_Blick_Dez-Jan_Druck_neu | Page 2
gemeinsame Mitteilungen
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Alles neu?!
Mit dem neuen Gemeindebrief hat es angefan-
gen, am Christkönigssonntag ist der neue Pfar-
rer gekommen, und am 1. Advent beginnt das
neue Kirchenjahr. Wie wird es weitergehen, was
wird dieses neue Kirchenjahr noch alles brin-
gen? Wird meine Kirchengemeinde noch ein Ort
sein, an dem ich mich wie bisher zu Hause füh-
len kann, wo ich mich wie bisher einbringen und
das finden kann, was ich brauche?
„Jetzt haben wir uns doch gerade an sie ge-
wöhnt, und jetzt gehen sie schon wieder. Scha-
de, dass sie nicht bleiben können.“ Ich weiß gar
nicht, wie oft ich diese beiden Sätze in den Wo-
chen des Abschieds von meinen bisherigen Ge-
meinden gehört habe.
Zwei Sätze, die mich nachdenklich gemacht ha-
ben. Wie oft wird der Kirche vorgeworfen, dass
sie viel zu konservativ sei, dass Änderungen viel
zu lange brauchen und wichtige Entscheidungen
und Weichenstellungen nicht oder viel zu spät
getroffen werden. Doch gleichzeitig zeigen diese
beiden Sätze, dass es da ein weit verbreitetes
Bedürfnis nach Beständigkeit gibt, gerade was
die persönliche Glaubenspraxis der Menschen
betrifft.
Kaum etwas anderes löst so leicht Proteststürme
aus, wie eine Änderung des Gottesdienstplanes
oder eine Veränderung im gewohnten Gottes-
dienstraum. Da reicht es oft schon, dass ein
Kerzenständer aus dem Altarraum einem neuen
weichen muss, von einer Heiligenstatue oder gar
einer kompletten Umgestaltung des Altarraums
einer Kirche ganz zu schweigen, und schon ha-
gelt es Beschwerden und Kirchenaustritte. Das
war doch immer so, und jetzt fühle ich mich in
der Kirche, in der ich in einer schweren Zeit
Zuflucht und Trost gefunden oder in der ich so
wichtige Tage in meinem Leben begangen habe,
nicht mehr daheim.
Und doch sagt uns die Vernunft, dass wir uns
alle ständig weiter entwickeln. Dass wir uns lau-
fend dem Wandel der Zeit anpassen müssen, um
überhaupt überleben zu können. Wie könnte ein
Erwachsener seinen Alltag bewältigen, wenn er
sich seit seiner Zeit als Dreijähriger nicht weiter
entwickelt hätte? Und das gilt selbstverständlich
auch für die Kirche. Sie muss sich ständig fra-
gen, wie sie im Wandel der Zeiten dem Auftrag
Jesu am besten nachkommen kann, alle Völker
zu Jüngern Jesu zu machen, sie zu taufen und
zu lehren, alles zu befolgen, was er geboten hat
(vgl. Mt 28, 19f).
Änderungen können da nicht ausbleiben, auch
wenn kein Zweifel daran besteht, dass es
schmerzt, von lieb Gewonnenem Abschied neh-
men zu müssen, dass jeder Verlust Trauer aus-
löst, die erst einmal verarbeitet werden muss.
Vielleicht hilft dabei, wenn wir uns bewusst ma-
chen, dass die Kirche nicht aus ihren Gebäuden,
dem Inventar, irgendwelchen Äußerlichkeiten
oder ihren Amtsträgern besteht, sondern eben
aus Jüngern Jesu. Dass es letztlich für jeden
einzelnen Christen darauf ankommt, den Ruf
Jesu zu hören und ihm zu folgen. Jünger Jesu
kann nur sein, wer seinen Ruf hört und ihm folgt,
wer zu ihm in Kontakt tritt, eine Beziehung zu
ihm aufbaut, und diese Beziehung ist es, die uns
trägt, die uns die Kraft gibt, Trauer zu überwin-
den und alle Schwierigkeiten zu meistern, vor
die das Leben uns stellt.
Genau daran will uns die Adventszeit erinnern.
Jahr für Jahr lädt sie uns ein, dass wir uns die
Zeit nehmen, auf unsere Beziehung zu Jesus zu
blicken. Uns zu fragen, was uns daran hindern
könnte, ihn bei uns zu spüren, was uns in unse-
rem Leben von ihm entfremdet. Ganz bewusst
auf jedem Weg umzukehren, der uns von ihm
wegführt, um wieder auf ihn zuzugehen. Wenn
uns das gelingt, dann ist wirklich Weihnachten.
Dann werden wir wirklich die Liebe spüren, die
nur das Kind in der Krippe schenken kann. Dann
ist es plötzlich nicht mehr so wichtig, wie der Ge-
meindebrief gestaltet ist, oder wer gerade Pfar-
rer meiner Kirchengemeinde ist. Denn dann ist
plötzlich alles ganz neu.
Es grüßt Sie
herzlich
Pfarrer Uwe Stier