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STARTUP

« Innerhalb eines Jahres war das Produkt serienreif .»

Jung und dynamisch ? Bestimmt . Gut ausgebildet und zielorientiert ? Auch . Aber vor allem ist das Team des Solothurner Start-ups Qumea innovativ und trifft den Zeitgeist mitten ins Herz : CEO Cyrill Gyger und das 12-köpfige Team entwickeln ein modernstes System der Mobilitätsüberwachung mit Radartechnologie und helfen damit Patientinnen und Patienten , aber auch Pflegekräften , unangenehme Stürze zu verhindern . Zahlen des Bundesamtes für Statistik sprechen eine deutliche Sprache : Gut jede vierte Person zwischen 65 und 79 Jahren stürzt mindestens einmal im Jahr . Und da knüpft das Start-up an : Was innovativ tönt , rettet auch Leben . Das Kernstück des Systems , der hochpräzise 3D Radar , überwacht die Patientenzimmer in dem er die Bewegungsmuster von Patientinnen und Patienten anonym erfasst . Der Sensor liefert somit eine Früherkennung von beabsichtigten Bettausstiegen . Die kritischen Ereignisse werden via App übermittelt und gewährleistet , dass Hilfe beim Patienten ist , bevor dieser möglicherweise fällt . Das Vermeiden von Stürzen ist im Alter eine Frage der Lebensqualität : « Ein Sturz hat oft schwerwiegende Folgen , die bis hin zum Verlust der Selbstständigkeit oder Tod führen können », sagt Cyrill Gyger , Mitgründer des Digital-Health-Care-Start-ups Qumea . Zudem weist er auf die volkswirtschaftlichen Folgen hin .
Nun springt das Unternehmen mit dem 3D-Radar in die Bresche . Erfolgreich : Die Sturzprävention wird in Spitälern und Heimen bereits nachgefragt , getestet und als grosser Mehrwert befunden . Das Qumea- System basiert auf modernster dreidimensionaler Radartechnologie , einer Cloud und einer App . Der hochpräzise Sensor wird diskret im Pflegezimmer an der Decke installiert und erfasst mit elektromagnetischen Wellen , die notabene rund hundertmal schwächer seien als Mobilfunk- und Wlan-Strahlen , die genaue Position , Postur , Konstitution und somit feinste Bewegungen der Patientin oder des Patienten . Dies unter Bewahrung der Privatsphäre , wie Cyrill Gyger betont . « 100 Millionen Bewegungspunkte werden pro Sekunde verarbeitet », erklärt der CEO .

CYRILL GYGER

In der Qumea-Cloud werden die Bewegungsdaten mittels künstlicher Intelligenz ausgewertet und kritische Ereignisse in Echtzeit erkannt . Die Alarmierung kann per App oder wie in medizinischen Einrichtungen klassisch über den Lichtruf erfolgen . « Wer nun im Spital oder Pflegeheim mit hoher Sturzgefahr unbeaufsichtigt aus dem Bett steigen will , kann mit der neuen Technologie von einer Pflegeperson , die alarmiert wird , rechtzeitig vor dem Sturz gerettet werden . Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein , sollte kein Zufall sein .»
Nebst der Sturzprävention kann Qumea auch die Aktivität der Patienten und Bewohnerinnen erfassen und aufzeichnen . Dadurch kann insbesondere das Schlafverhalten analysiert und Therapien validiert werden . Die hochsensible Technologie bietet auch Raum für viele weitere Funktionen . « Bald wird der Sensor ermitteln können , ob der Patient ausreichend mobilisiert wird , und das Risiko eines Dekubitus aufzeigen . Zudem stehen auch Funktionen wie Atemmessungen und Schlafanalyse auf dem Entwicklungsplan », ergänzt Cyrill Gyger .
Vorerst wird die Technologie nur institutionell eingesetzt . Das heisst , in Spitälern und Pflegeheimen . Cyrill Gyger wird wöchentlich darauf angesprochen , wann das System auch privat erschwinglich wird ? « Der Preis ist nur ein Faktor . Essenziell ist vielmehr , ob jemand in der Nähe ist , um den Sturz zu verhindern », erklärt der Fachmann das Prinzip der Innovation . Das Frühwarnsystem kann nur funktionieren , wenn Hilfe unmittelbar vor Ort ist . Derzeit ist die Nachfrage bei Qumea gross und das Team hat alle Hände voll zu tun . « Natürlich sind auch wir von Lieferengpässen betroffen – wir haben zwar die fehlenden Teile bekommen , aber ein x-Faches dafür bezahlt .»
CEO Cyrill Gyger und seine Mitgründer David Meier und Ido Gershoni lernten sich in einem anderen Start-up kennen , haben also einen gemeinsamen Background in Sensorik und Engineering . Als eine geriatrische Klinik in Basel , die ihre Sturzprobleme minimieren wollte , auf sie zukam , suchten die drei Ingenieure nach innovativen Lösungen . Zukunftsweisend : Nach ausgiebigen Konkurrenzanalysen und ersten Tests ihrer Prototypen , gründete das Team 2019 sein eigenes Start-up . « Innerhalb eines Jahres war das Produkt serienreif und aktuell schon auf dem Markt », freut sich Cyrill Gyger . Qumea konnte ihren technologischen Mehrwert mittlerweile an 12 Institutionen unter Beweis stellen , von Akutspitälern über psychiatrische Institutionen bis zu Pflegeheimen . Durch die frühzeitige und gezielte Alarmierung führt Qumea zu einer spürbaren Entlastung im hektischen Pflegealltag , gerade auch in den oftmals dünn besetzten Nachtschichten . Das Start-up befindet sich bereits auf Expansionskurs Richtung Ausland : Deutschland , Schweden , Finnland , Kanada und Australien stehen auf dem Plan .
Mit unüberwindbaren finanziellen Hürden , hatte das Start-up nie zu kämpfen . « Die Erstfinanzierung konnten wir selber stemmen .» Und bereits im April hatte Qumea seine erste Finanzierungsrunde in Höhe von 1,8 Millionen Franken abgeschlossen . Mit dieser Seed- Runde wird das internationale Wachstum vorangetrieben und das Team aufgestockt .
www . qumea . com
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