WIRTSCHAFT
Sie reprogrammieren soziokulturelle Codes und bringen neue Lebensstile, Verhaltensmuster und Geschäftsmodelle hervor. Die Verbreitung digitaler Technologien und Services markiert den Beginn einer neuen Gesellschaftsepoche. Die entstehende Netzwerkgesellschaft verändert die Rahmenbedingungen für unternehmerischen Erfolg fundamental – und verlangt von Individuen wie von Unternehmen neue Kompetenzen, schreibt das Zukunftsinstitut in einer Studie. Die zentrale Voraussetzung, um diesen Umbruch zu meistern und mitzugestalten, sei ein ganzheitlich-systemisches Verständnis des digitalen Wandels.
Der Megatrend Konnektivität verdeutlicht, dass es beim digitalen Wandel im Kern weniger um technologische Novitäten geht als um soziale Resonanzen. Im Zuge der fortschreitenden Vernetzung werden menschliche Grundbedürfnisse wie Vertrauen und Sicherheit sowie kulturelle und soziale Aspekte immer relevanter für digitale Geschäftsmodelle und für die Gestaltung von Produkten und Services. Um die Potenziale des Megatrends Konnektivität zu erschliessen, brauchen Unternehmen daher zuallererst ein umfassendes und systemisches Verständnis des digitalen Wandels. Erst mit einem ganzheitlichen Blick auf Digitalisierung, der nicht nur technologische, sondern insbesondere auch soziale und kulturelle Aspekte umfasst, lassen sich digitale Handlungspotenziale erkennen und aktivieren. Grundlegend für einen ganzheitlichen Blick auf Digitalisierung ist zunächst die historische Einsicht, dass sich unsere Gesellschaft inmitten eines epochalen Evolutionssprungs befindet.
Die digitale Vernetzung löst alte gesellschaftliche Strukturen auf, lässt die Kommunikationsmöglichkeiten explodieren und erzeugt ein neues Level an Komplexität. Noch immer befinden wir uns daher in einer Frühphase der Digitalisierung, in der vieles unübersichtlich ist. Das fehlende Verständnis für die wesentlichen Strukturen dieses Transformationsprozesses lässt dabei auch « Erlösungsfantasien » plausibel erscheinen. Ein gutes Beispiel ist das Phänomen des Dataism: Angefeuert vom Hype um die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der Datenauswertung entsteht eine Digitalreligion, die die Lösung jeglicher Probleme auf digitale Technologien projiziert, hält das renommierte Institut für Trend- und Zukunftsforschung fest.
Um solche blinden Flecken aufzuhellen, ist es elementar, Digitalisierung nicht mit Technologie gleichzusetzen, sondern umfassender zu verstehen, als technologisch vernetzte Kommunikation: Der digitale Wandel ist kein rein technologischer, sondern ein soziotechnischer Prozess, in dem der Mensch eine immer wichtigere Rolle spielt – gerade weil digitale Technologien sämtliche Lebensbereiche zunehmend durchdringen. Diese zutiefst soziale Komponente veranschaulichte schon der erste Entwicklungssprung des Internets vom reinen Such- und Lesemedium zum « Mitmachmedium » des Web 2.0.
Auch die Corona-Pandemie hat diesem Human Turn einen starken Schub gegeben, indem sie die Digitalisierung gewissermassen in die Realität zurückkatapultiert hat. Der Abschied vom digitalen Über-Hype markiert zugleich den Anfang einer echten digitalen Revision. Die Grundzüge dieses Wandels beschreibt der Begriff Real-Digitalität, der ein neues Verständnis der vernetzten Realität bezeichnet: An die Stelle der traditionellen Trennung zwischen real und digital tritt das ganzheitliche Zusammenspiel beider Dimensionen – bei dem menschliche Bedürfnisse konsequent ins Zentrum gestellt werden. Es geht um eine Ausbalancierung des Digitalen und des Analogen im Sinne humaner Kriterien und Grenzen, um die sinnvolle Zuweisung von digitaler Technik im Kontext menschlicher Bedürfnisse und Möglichkeiten.
Damit steht das Globalmedium Internet an einem Wendepunkt: « Die mystische Zeit der Silicon-Valley-Verehrung ist vorbei, es beginnt eine neue Phase der Digitalisierung. Zukunftsfähige Businessmodelle, echte Innovationen, wegweisende Arbeits- und Produktionsprozesse – all das kann nur gelingen, wenn wir digitale Technologien nicht nur aus einem digitalen Blickwinkel betrachten, sondern als soziotechnische Vision und Bestimmung verstehen », schreiben die Experten des Zukunftsinstituts. Auf individueller Ebene manifestiert sich dieser Prozess insbesondere in einer neuen Achtsamkeit für das Digitale, in einer reflektierteren Nutzung digitaler Devices und Technologien. Stellvertretend dafür steht der OMline- Trend. Auch dieses Phänomen macht deutlich, dass die Ära der bedenkenlosen Netzaffinität und-naivität vorüber ist. Der Fokus auf realdigitale Resonanz wird auch für Unternehmen immer elementarer – und erfordert neue Kompetenzen.
Netzwerkökonomie
Unsere Gesellschaft tritt zunehmend ein in die Ära der Hypervernetzung. Das Betriebssystem dieser nächsten Gesellschaft, das Internet, ist führendes Kommunikationsmedium für eine stetig steigende Zahl von Menschen und Maschinen – und ein elementares Werkzeug für Industrien, Organisationen und Individuen.
Im Zuge dieses Wandels entstehen neue Kulturen, Lebensstile und Verhaltensmuster sowie eine neue Ökonomie. In hoher Geschwindigkeit verabschiedet der digitale Wandel traditionelle Wirtschaftsmodelle und ruft neue soziale, kulturelle und ökonomische Muster ins Leben. Sharing-Plattformen disruptieren ganze Branchen, traditionelle Business