Goldilocks Sonderausgabe Metaversum | Page 17

Selbstversuch
Journalistin Anissa Brinkhoff setzt sich auf der Symbioticon 2022 erstmals eine VR-Brille auf die Nase und ihre Füße in ein ( Proto- ) Metaversum . Ob das geklappt hat und wie sich das angefühlt hat , erzählt sie in diesem Selbstversuch .
Meine Qualifikation für diesen Artikel ist simpel : meine fehlende Erfahrung . Ich war mit meinen 33 Jahren noch nie in einem Metaversum oder dem , was wir als Proto-Metaversum bisher davon erleben können . Damit gehöre ich vermutlich zu dem kleineren Teil der Teilnehmer : innen dieser Veranstaltung . Gerade deshalb bin ich das perfekte Versuchskaninchen für einen Selbstversuch .
Zwei Dual-Studierende betreuen den ersten Stand mit VR-Brillen , den ich direkt ansteuere , und haben eine Oculus Quest 2 vor sich liegen und zwei dazugehörige Controller . Die erste Herausforderung ist , die Halterung der Brille auf meinen Kopf anzupassen . Die Brille ist relativ schwer und rutscht mir immer wieder von den Augen , aber irgendwann sitzt alles so stramm , dass ich – Trommelwirbel – das allererste Mal nur noch das Proto-Metaversum vor mir sehe . Es ist etwas grobkörnig und über den Ausblick auf die Landschaft legt sich auch noch ein rotes Raster , das verhindert , dass ich im realen Leben zu weit weg und im schlimmsten Fall gegen Menschen laufe .
Die beiden Studis erklären mir , wie ich mich fortbewege : diesen einen Knopf zum Laufen gedrückt halten , mit dem anderen kann ich mich ein großes Stück vorwärts beamen und mit dem nächsten greife ich Dinge . Das klingt komplexer , als es ist , und auch wenn ich überhaupt nie an Konsolen zocke , ist diese Bedienung easy .
Auf dem Hinweg zur Konferenz habe ich im Zug noch überlegt , was eigentlich meine Erwartungen an dieses Erlebnis sind . Die größte Befürchtung war , dass mir sofort übel wird . Denn interessanterweise ist das die Erfahrung , von der mir immer als erstes berichtet wird – von der physischen Auswirkung einer immersiven Erfahrung in einer Virtuellen Realität . Das liegt daran , dass das Auge etwas anderes sieht , als der Körper erlebt . Motion Sickness ist der Fachbegriff . Studien lassen befürchten , dass Frauen besonders häufig an Motion Sickness leiden , insbesondere dann , wenn sie schwanger sind oder ihre Periode haben .
Auch ansonsten halten sich meine Erwartungen in Grenzen , denn ich vermute , dass „ in einem Metaversum sein ” – ob heute in den Vorgängern oder später mal , wenn es echte Metaversen gibt – etwas ist , das man üben muss und ich dementsprechend bei meinem ersten Besuch begrenzte Erfahrungen mache . Was mich richtig freuen würde , wäre ein Reise-Ausflug . Vielleicht einmal kurz in Thailand am Strand stehen oder vom Tafelberg auf Kapstadt gucken . Es ist schließlich gerade November in Deutschland und meine Aussichten sind durch Workload , Wetter und Wohnsituation weder bis zum Horizont noch sommerlich warm .
Tatsächlich aber hat der Sparkassen Innovation Hub dieses kleine Proto-Metaversum eigens bauen lassen und deshalb ist es nur eine beschränkte Welt , die ich durch meine VR-Brille erlebe . Es gibt einen Basketballplatz , ein kleines Lagerfeuer – und eine Sparkassen-Filiale . In die spaziere ich rein und mache kurz bei einem digitalen Börsenspiel mit : Hier kann ich Aktien kaufen und verkaufen – aber das könnte ich ehrlich gesagt auch einfach so , vor einem simplen Bildschirm sitzend . Denn in dieser virtuellen Welt fehlt etwas für ein echtes Metaversum Entscheidendes : die anderen Avatare , mit denen ich in Echtzeit gleichzeitig am selben Ort bin . Ich setze die Brille wieder ab , auch , weil mir ein bisschen schwummerig ist .
Ein paar Stündchen später bin ich bereit für den nächsten Ausflug : Die Innovationsagentur Future Candy hat ihren „ Avatunnel “ zur Symbioticon mitgebracht , in dem ich mich digital klonen lassen kann – sprich : einen Avatar erstellen . Zuerst mache ich in einem Tunnel ein Foto von mir , auf Basis dessen gestalte ich meinen Avatar und kann den dann ausdrucken und auf mein Festival-Badge kleben – und wieder durch eine Oculus-Brille digital erleben . Und das funktioniert jetzt beim zweiten Mal schon viel besser und ich laufe relativ zielstrebig durch den Raum . Bis zu dem Moment , als ich einen falschen Knopf am Controller drücke und statt vor der Post-it-Sammlung an den bodentiefen Fenstern stehe und tief auf einen Wald herunterschaue . Höhenangst erlebe ich also definitiv auch in virtueller Welt .
Und wie fühle ich mich virtuell ? Bin das da wirklich ich oder will ich das da sein ? Eher nicht , denn mit dem Aussehen meines Avatars bin ich nicht wirklich zufrieden . Wer gestaltet denn solche Kleidung für Frauen ? Vielleicht ( männliche ) Menschen , die zwar selbst keine Frauenkleidung tragen , dafür aber ein Bild davon haben , wie sie weibliche Personen gerne sehen ? Klar , ich könnte relativ neutrale Hoodies auswählen , aber vor allem auch kurze Minikleider oder Kostüme , die mich an weibliche Heldinnen aus Konsolenspiele erinnern . In Gesprächen bestätigen mir andere Frauen dieses Gefühl . Und um Vicktoria Klich , Speakerin auf der Konferenz und Co-Founder w3 . fund zu zitieren : „ Natürlich kann ich auch als Bleistift durch ein Proto-Metaversum gehen – aber das fühle ich noch viel weniger .”
Vorbereitend für diesen Selbstversuch hatte ich mir einige Fragen aufgeschrieben . Unter anderem : Will ich nochmal in ein Proto-Metaversum ? Geht das überhaupt , für mich als Endkonsumentin ? Meine Antwort : Natürlich will ich nochmal hin , ich will dort ja auch mal andere Avatare treffen und Interaktion erleben . Was ich aber gelernt habe : Es gibt „ ein Metaversum “ noch gar nicht . Es mangelt nicht nur an anderen Avataren , sondern auch an technischen Umsetzungsmöglichkeiten für mich als Nutzerin – und an Use Cases . Vor allem habe ich Lust , auch nicht-immersive Welten auszuprobieren – denn wo es keine Brille gibt , entsteht vielleicht auch keine Motion Sickness . Gerade fühlt es sich für mich noch so an , dass – solange ich nicht doch noch zur Gamerin werde –, es virtuell wenig gibt , was ich nicht auch in der Realität erleben könnte .
Das trifft natürlich auch auf die virtuelle Sparkassen-Filiale zu , obwohl ich die Idee mit dem virtuellen Börsen-Planspiel spannend finde . Vielleicht ist das ja der Schritt für mich , sowohl in die Welt der Gamerinnen als auch noch einmal in ein Proto-Metaversum . Falls hier jemand aus der virtuellen Filiale mitliest : Treffen wir uns auf ein Investment-Spiel ? Ich hätte Lust !
DEZEMBER 2022 SONDERAUSGABE
Selbstversuch

HALLO , IST HIER JEMAND ?

Journalistin Anissa Brinkhoff setzt sich auf der Symbioticon 2022 erstmals eine VR-Brille auf die Nase und ihre Füße in ein ( Proto- ) Metaversum . Ob das geklappt hat und wie sich das angefühlt hat , erzählt sie in diesem Selbstversuch .
Meine Qualifikation für diesen Artikel ist simpel : meine fehlende Erfahrung . Ich war mit meinen 33 Jahren noch nie in einem Metaversum oder dem , was wir als Proto-Metaversum bisher davon erleben können . Damit gehöre ich vermutlich zu dem kleineren Teil der Teilnehmer : innen dieser Veranstaltung . Gerade deshalb bin ich das perfekte Versuchskaninchen für einen Selbstversuch .
Probandin mit VR-Brille
Zwei Dual-Studierende betreuen den ersten Stand mit VR-Brillen , den ich direkt ansteuere , und haben eine Oculus Quest 2 vor sich liegen und zwei dazugehörige Controller . Die erste Herausforderung ist , die Halterung der Brille auf meinen Kopf anzupassen . Die Brille ist relativ schwer und rutscht mir immer wieder von den Augen , aber irgendwann sitzt alles so stramm , dass ich – Trommelwirbel – das allererste Mal nur noch das Proto-Metaversum vor mir sehe . Es ist etwas grobkörnig und über den Ausblick auf die Landschaft legt sich auch noch ein rotes Raster , das verhindert , dass ich im realen Leben zu weit weg und im schlimmsten Fall gegen Menschen laufe .
Die beiden Studis erklären mir , wie ich mich fortbewege : diesen einen Knopf zum Laufen gedrückt halten , mit dem anderen kann ich mich ein großes Stück vorwärts beamen und mit dem nächsten greife ich Dinge . Das klingt komplexer , als es ist , und auch wenn ich überhaupt nie an Konsolen zocke , ist diese Bedienung easy .
Auf dem Hinweg zur Konferenz habe ich im Zug noch überlegt , was eigentlich meine Erwartungen an dieses Erlebnis sind . Die größte Befürchtung war , dass mir sofort übel wird . Denn interessanterweise ist das die Erfahrung , von der mir immer als erstes berichtet wird – von der physischen Auswirkung einer immersiven Erfahrung in einer Virtuellen Realität . Das liegt daran , dass das Auge etwas anderes sieht , als der Körper erlebt . Motion Sickness ist der Fachbegriff . Studien lassen befürchten , dass Frauen besonders häufig an Motion Sickness leiden , insbesondere dann , wenn sie schwanger sind oder ihre Periode haben .
Auch ansonsten halten sich meine Erwartungen in Grenzen , denn ich vermute , dass „ in einem Metaversum sein ” – ob heute in den Vorgängern oder später mal , wenn es echte Metaversen gibt – etwas ist , das man üben muss und ich dementsprechend bei meinem ersten Besuch begrenzte Erfahrungen mache . Was mich richtig freuen würde , wäre ein Reise-Ausflug . Vielleicht einmal kurz in Thailand am Strand stehen oder vom Tafelberg auf Kapstadt gucken . Es ist schließlich gerade November in Deutschland und meine Aussichten sind durch Workload , Wetter und Wohnsituation weder bis zum Horizont noch sommerlich warm .
Probandin am Touch-Screen
Proband am Touch-Screen
Proband im Ava-Tunnel
Tatsächlich aber hat der Sparkassen Innovation Hub dieses kleine Proto-Metaversum eigens bauen lassen und deshalb ist es nur eine beschränkte Welt , die ich durch meine VR-Brille erlebe . Es gibt einen Basketballplatz , ein kleines Lagerfeuer – und eine Sparkassen-Filiale . In die spaziere ich rein und mache kurz bei einem digitalen Börsenspiel mit : Hier kann ich Aktien kaufen und verkaufen – aber das könnte ich ehrlich gesagt auch einfach so , vor einem simplen Bildschirm sitzend . Denn in dieser virtuellen Welt fehlt etwas für ein echtes Metaversum Entscheidendes : die anderen Avatare , mit denen ich in Echtzeit gleichzeitig am selben Ort bin . Ich setze die Brille wieder ab , auch , weil mir ein bisschen schwummerig ist .
Ein paar Stündchen später bin ich bereit für den nächsten Ausflug : Die Innovationsagentur Future Candy hat ihren „ Avatunnel “ zur Symbioticon mitgebracht , in dem ich mich digital klonen lassen kann – sprich : einen Avatar erstellen . Zuerst mache ich in einem Tunnel ein Foto von mir , auf Basis dessen gestalte ich meinen Avatar und kann den dann ausdrucken und auf mein Festival-Badge kleben – und wieder durch eine Oculus-Brille digital erleben . Und das funktioniert jetzt beim zweiten Mal schon viel besser und ich laufe relativ zielstrebig durch den Raum . Bis zu dem Moment , als ich einen falschen Knopf am Controller drücke und statt vor der Post-it-Sammlung an den bodentiefen Fenstern stehe und tief auf einen Wald herunterschaue . Höhenangst erlebe ich also definitiv auch in virtueller Welt .
Und wie fühle ich mich virtuell ? Bin das da wirklich ich oder will ich das da sein ? Eher nicht , denn mit dem Aussehen meines Avatars bin ich nicht wirklich zufrieden . Wer gestaltet denn solche Kleidung für Frauen ? Vielleicht ( männliche ) Menschen , die zwar selbst keine Frauenkleidung tragen , dafür aber ein Bild davon haben , wie sie weibliche Personen gerne sehen ? Klar , ich könnte relativ neutrale Hoodies auswählen , aber vor allem auch kurze Minikleider oder Kostüme , die mich an weibliche Heldinnen aus Konsolenspiele erinnern . In Gesprächen bestätigen mir andere Frauen dieses Gefühl . Und um Vicktoria Klich , Speakerin auf der Konferenz und Co-Founder w3 . fund zu zitieren : „ Natürlich kann ich auch als Bleistift durch ein Proto-Metaversum gehen – aber das fühle ich noch viel weniger .”
Mein Digitales Ich
Vorbereitend für diesen Selbstversuch hatte ich mir einige Fragen aufgeschrieben . Unter anderem : Will ich nochmal in ein Proto-Metaversum ? Geht das überhaupt , für mich als Endkonsumentin ? Meine Antwort : Natürlich will ich nochmal hin , ich will dort ja auch mal andere Avatare treffen und Interaktion erleben . Was ich aber gelernt habe : Es gibt „ ein Metaversum “ noch gar nicht . Es mangelt nicht nur an anderen Avataren , sondern auch an technischen Umsetzungsmöglichkeiten für mich als Nutzerin – und an Use Cases . Vor allem habe ich Lust , auch nicht-immersive Welten auszuprobieren – denn wo es keine Brille gibt , entsteht vielleicht auch keine Motion Sickness . Gerade fühlt es sich für mich noch so an , dass – solange ich nicht doch noch zur Gamerin werde –, es virtuell wenig gibt , was ich nicht auch in der Realität erleben könnte .
Das trifft natürlich auch auf die virtuelle Sparkassen-Filiale zu , obwohl ich die Idee mit dem virtuellen Börsen-Planspiel spannend finde . Vielleicht ist das ja der Schritt für mich , sowohl in die Welt der Gamerinnen als auch noch einmal in ein Proto-Metaversum . Falls hier jemand aus der virtuellen Filiale mitliest : Treffen wir uns auf ein Investment-Spiel ? Ich hätte Lust !
ANISSA BRINKHOFF
FINLETTER-REDAKTEURIN
PRÄSENTIERT VON