«Nur, weil sie nichts vom Leben der Bücher versteht», erklärt die
Bibliothekarin.
«Was ist damit?», will ich wissen.
«Jedes Jahr kommen neue Bücher in die Buchhandlungen. Jedes Jahr
viele neue und spannende Bücher, geschrieben von Schriftstellern und
Schriftstellerinnen, die uns ihre Geschichten erzählen wollen. Ältere
Bücher legt man beiseite, langsam geraten sie dann in Vergessenheit.»
«Und plötzlich will niemand mehr etwas von uns wissen.» Dem dicken
Ritter läuft eine grosse Träne über die Wange.
«Dabei gibt es nur einen, der mit einer Dampflok umgehen kann, so wie
ich», brummt der Lokomotivführer. «Die Leute müssten wieder die
richtigen Bücher lesen.»
«Und die richtigen Bücher stehen alle hier in diesen Gestellen?»
Der Ritter nickt. «Willst du sie lesen?»
Ich schaue mich in der Bibliothek um. Wenn man alle die vergessenen
Bücher lesen wollte, müsste man einige Jahre seines Lebens für die vielen
Geschichten hergeben.
«Nicht alle.» Ich zwinkere ihm zu. «Aber das Eine oder Andere schon.»
«Meines?», fragt der Ritter.
«Oder meines?» Der Lokomotivführer klopft seine Pfeife aus.
«Oder meines?», tönt es zwischen den Regalen hervor.
Bibliothekarin Stern klatscht in die Hände. «Schluss mit dem Gejammer!»,
ruft sie, «jetzt essen wir erst einmal Kuchen.»
Bianca, wie wir sie nennen dürfen, stellt uns Kakao hin, dann schneidet
sie den Kuchen an und verteilt ihn. Der Ritter und der Lokomotivführer
bekommen ein extragrosses Stück.
«Wie ist das mit den Büchern», fragt Carla.
«Der Geschmack der Leserinnen und Leser verändert sich mit der Zeit.
Was vor dreissig Jahren top war, findet man heute langweilig, die Art des
Lebens ist eine andere geworden. Schade für die wundervollen
Geschichten. Aber so ist das nun einmal.»