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48 I FORUM Der Weg der Liturgiereform in die Ordensgemeinschaften FORUM I 49 Vor über fünfzig Jahren verabschiedeten die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils die Liturgiekonstitution, die eine umfassende Erneuerung des Gottesdienstes auf den Weg brachte und tief in die Kirche hineinwirkte. Wie die Liturgiereform speziell in Ordensgemeinschaften des deutschsprachigen Raums rezipiert wurde, untersucht ein Team aus Theologen der KU und der Ludwig-Maximilians-Universität München. Gefördert wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 330.000 Euro. Die Wissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Bärsch (Professur für Liturgiewissenschaft, KU), Prof. Dr. Florian Kluger (Professur für Litur- gik, KU) und Prof. Dr. Winfried Haunerland (Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft, LMU) erforschen bereits seit 2005 gemeinsam die Rezeptionsprozesse des Zweiten Vatikanums. In zwei vorhergehenden Teilprojekten un- tersuchten sie dabei die Verwirklichung der Liturgiereform auf Ebene der Ortskirchen sowie der Bistümer im deutschsprachigen Raum, den Niederlanden, Chile und Polen. „Neben der territorialen Gliederung der Kirche in Bistum und Pfarrei haben die Or- densgemeinschaften als personale Unterglie- derungen eine eigene Rezeptionsgeschichte, die bisher noch nie näher untersucht wurde“, erklärt Professor Bärsch. Anhand der männlichen Ordensgemein- schaften der Franziskaner und der Bene- diktiner wollen die Theologen exemplarisch der Frage nach dem liturgischen Eigenleben innerhalb von Orden nachgehen. Weibliche Ordensgemeinschaften sollen Gegenstand eines Folgeprojektes sein, deren Strukturen eine andere Herangehensweise erfordern. Weibliche Ordensgemeinschaften, deren Strukturen eine andere Herangehensweise erfordern, sollen Gegenstand eines Folge- projektes sein. Zentraler Forschungsaspekt sind die sogenannten Ritualien, in denen Or- densgemeinschaften ihre eigenen Riten und Feiern regeln. Solche Ritualien existieren zum einen für gesamte Orden, darüber hin- aus jedoch auch für einzelne Provinzen oder gar Klöster. „Ordensritualien stellen eine hervorragende Quelle dar, um die liturgisch- spirituelle Praxis nachvollziehen zu können“, erläutert Professor Kluger. Neben der Arbeit in Ordensarchiven wollen die drei Forscher außerdem Zeitzeugengespräche mit Perso- nen führen, die an der Umsetzung der Li- turgiereform in den Ordensgemeinschaften beteiligt waren. In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben Bärsch, Kluger und Haunerland dafür bereits 30 Kooperationspartner gewinnen können. „Eine Herausforderung besteht in der Zugänglichkeit der Ritualien durch die rückläufige Zahl an Ordensgemeinschaften. Insofern ist auch die Sicherung der Daten- grundlage ein Anliegen unseres Projektes“, ergänzt Professor Haunerland. Vor diesem Hintergrund soll mit dem Vor- haben außerdem die bibliographische Er- fassung und inhaltliche Beschreibung von Ordensritualien im deutschen Sprachraum als Instrument für weitere Forschungen vor- angetrieben werden. Eine solche Zusammen- stellung ist bislang nicht vorhanden, so dass sich Wissenschaftler künftig auf elektroni- schem Weg leichter einen Überblick von den schriftlich niedergelegten Riten und Feiern einzelner Ordensgemeinschaften verschaffen können. Der Zeitraum dieser Bibliographie soll weit über das Zweite Vatikanische Konzil zurückreichen, um im Vergleich zu früheren Versionen die Rezeption der Liturgiereform nachvollziehen zu können. Weitere Informationen zum Projekt finden sich unter www.ku.de/thf/liturgie/forschung/rezeption-der-liturgiereform Die Liturgiewissenschaftler Prof. Dr. Florian Kluger, Prof. Dr. Winfried Haunerland und Prof. Dr. Jürgen Bärsch (v.l.) untersuchen die Auswirkungen der Liturgiereform auf Riten und Feiern von Ordensgemeinschaften im deutschen Sprachraum.