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Außerdem sollen Wechselwirkungen dieser Veränderungen in den
Blick genommen werden. Auch geht es um die Frage, ob und wie lo-
kale Veränderungen von einem Gebietsteil zum nächsten weitergege-
ben werden und damit auch die meist besiedelten Gebiete unterhalb
der Hochlagen betreffen können (z.B. durch die Verfüllung von Stau-
seen infolge höheren Sedimenttransports oder durch Naturgefahren-
prozesse). Die Forschungsgruppe wird ihre Untersuchungen im Mar-
telltal (Südtirol) sowie im Horlachtal und im Kaunertal (Österreich)
durchführen.
Als Grundlage für einen Ausblick in die Zukunft muss zunächst ein
Verständnis für Veränderungen in der Vergangenheit und ihre Ur-
sachen erarbeitet und verbessert werden. Dazu wird in einer ersten
Projektphase erforscht, ob und wie sich die genannten Phänomene
und Prozesse seit dem Ende der „Kleinen Eiszeit“ (ca. 1850) mit den
klimatischen Veränderungen gewandelt haben. Die Forschungsgrup-
pe bedient sich hierbei einerseits Modellrechnungen, die vorhandene
historische Datenreihen miteinbeziehen (sog. Reanalysen), um den
Verlauf der Witterung sowie klimatische Veränderungen auf lokalem
Maßstab, das heißt in den konkreten Untersuchungsgebieten, besser
nachvollziehen zu können.
Eine wichtige Säule der Rekonstruktion von Veränderungen infolge
dieses Wandels stellen historische Fotografien dar: „Das Ende der
Kleinen Eiszeit fällt nicht nur mit einem verstärkten Klimawandel zu-
sammen, sondern auch mit dem Aufkommen des Alpinen Tourismus
und der Fotografie. In den Archiven von Gemeinden, Schutzhütten
oder Vereinen lagern zahllose Fotos, die zum Teil bis zum Beginn
des Untersuchungszeitraums zurückreichen und beispielsweise die
damalige Ausdehnung der Gletscher dokumentieren“, erklärt Privat-
dozent Dr. Tobias Heckmann. Bereits mit dem ersten Weltkrieg habe
die Luftbildfotografie eingesetzt. Ab ca. 1950 seien flächendeckende
Luftbildserien der Untersuchungsgebiete vorhanden. „Es gilt also, die
in den Archiven vorhandenen Dokumente zu recherchieren, zu digi-
talisieren und systematisch auszuwerten. Mit photogrammetrischen
Methoden werden die historischen Fotografien auch quantitativ aus-
wertbar: Dies reicht von der Kartierung von Vegetation, Gletschern
und bestimmten Geländeeigenschaften bis hin zur Erstellung di-
gitaler Geländemodelle, anhand derer Oberflächenveränderungen
gegenüber der Gegenwart mit Dezimeter- bis Metergenauigkeit ver-
messen werden können“, ergänzt Privatdozent Dr. Florian Haas.
Die aktuelle Dynamik in den Untersuchungsgebieten wird während
der Projektlaufzeit mit Hightechmethoden erfasst: Laserscanner ver-
messen Oberflächen in hoher räumlicher Auflösung und Genauig-
keit, Klimastationen erfassen zahlreiche Messgrößen, Abflusspegel
zeichnen den Verlauf von Wasserstand und Abflussmenge in Bächen
auf, und mithilfe von Drohnen können aus der Luft hochauflösende
Fotos geschossen werden, die wiederum die Grundlage für hochge-
naue Messungen und Karten bilden. Mithilfe des verbesserten Ver-
ständnisses der historischen Veränderungen und der aktuellen Dyna-
mik wird eine zweite Phase des Forschungsprojekts versuchen, mit-
telfristige Veränderungen in den betrachteten Hochgebirgssystemen
mithilfe von Modellen vorherzusagen – eine wichtige Grundlage für
Anpassungsstrategien in der Zukunft.
Historische Fotos gesucht
Wer historische Fotos aus den genannten Untersuchungsgebieten besitzt –
mit „historisch“ ist grundsätzlich die Vergangenheit gemeint, interessant
sind also nicht nur Bilder aus dem 19. Jahrhundert – und der Forschungs-
gruppe zur Verfügung stellen möchte, kann sich mit dem Koordinator der
Forschungsgruppe in Verbindung zu setzen ([email protected]).
ZUR PERSON
Prof. Dr. Michael Becht ist seit 2004 Inhaber des Lehrstuhls für Physische Geographie an der KU. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören
unter anderem Geomorphologische Prozessforschung und Modellierung, Naturgefahrenforschung, Schneehydrologie und Einzugsgebietshy-
drologie.
PD Dr. Florian Haas ist Akademischer Rat am Lehrstuhl für Physische Geographie. Er arbeitet unter anderem zu Bodenerosion, Gewässer-
ökologie und Naturgefahren.
PD Dr. Tobias Heckmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls für Physische Geographie und beschäftigt sich ebenfalls mit
Naturgefahren und Mensch-Umwelt-Konflikten sowie der Messung und Modellierung geomorphologischer und hydrologischer Prozesse.