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Klimawandel im Hochgebirge
Die alpine Eiswelt ist bedroht: Bald könnte von den fünf bayerischen
Gletschern nur noch ein einziger übrig sein. Eine von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft geförderte Forschungsgruppe unter der
Leitung des Lehrstuhls für Physische Geographie der KU untersucht,
welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Geosystem der
Alpen hat.
Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von insge-
samt fünf Universitäten wollen für die Zeit ab 1850 – auch anhand
historischer Fotografien – Veränderungen von Gletschern und Flüs-
sen, der Vegetation und der Erdoberfläche bis in die Gegenwart re-
konstruieren und für die Zeit bis 2050 prognostizieren. Dies bietet die
Grundlage für eine strategische Anpassung an mittelfristige Verän-
derungen in der hochalpinen Landschaft, etwa für das Management
von Naturgefahren sowie der Wasser- und Energiewirtschaft. Die
Studierenden der KU wiederum haben die Möglichkeit aktiv in der
Forschung mitzuarbeiten und in den Lehrveranstaltungen aktuelle
Forschungsansätze und -ergebnisse kennenzulernen.
Für die Forschungsgruppe kooperieren Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche (Klimatologie, Geo-
graphie, Hydrologie, Botanik, Geodäsie) der Universitäten Bremen,
München (TU), Innsbruck und Wien (TU) mit den Forschern der
KU. Die DFG fördert das Verbundprojekt „SEHAG (SEnsitivität
HochAlpiner Geosysteme gegenüber dem Klimawandel seit 1850)“
für eine Dauer von in der Regel zweimal drei Jahren. Für die ersten
drei Jahre wurden zwei Millionen Euro für das Gesamtprojekt bewil-
ligt, mehr als 920.000 Euro davon für die Teilprojekte der KU um
das Team von Prof. Dr. Michael Becht, Privatdozent Dr. Florian Haas
und Privatdozent Dr. Tobias Heckmann. In ganz Deutschland hat die
DFG in diesem Jahr lediglich 17 Forschungsgruppen bewilligt, denen
ein aufwändiges Beantragungsverfahren zugrunde liegt. Dieses nahm
für SEHAG drei Jahre an Vorbereitungszeit in Anspruch.
Die Forschungsgruppe befasst sich primär nicht mit dem Klima-
wandel selbst, der in den Alpen anhand von historischen Wetterauf-
zeichnungen sehr gut dokumentiert ist. Dabei zeigt sich, dass die Er-
wärmung im Alpenraum die Erhöhung der globalen Durchschnitts-
temperatur deutlich übersteigt. „Vielmehr wollen wir Prozesse unter-
suchen, die durch Niederschlag und Temperatur angetrieben oder
beeinflusst werden und sich im Rahmen des Klimawandels entspre-
chend verändern können“, erklärt der Sprecher der Forschungsgruppe
Prof. Dr. Michael Becht. Gemeint sind vor allem Veränderungen der
Vegetation (Anstieg der Baumgrenze), der Kryosphäre (Permafrost,
Schnee und Lawinenaktivität), der Gletscher, des Abflusses in Bächen
und Flüssen sowie der Prozesse, die die Erdoberfläche formen (z.B.
Steinschlag, Muren, Abtrag am Hang und in Fließgewässern).
(v.l.) Privatdozent Dr. Florian Haas, Prof. Dr. Michael Becht und Privatdozent Dr. Tobias Heckmann