Extrablatt November 2012 | Page 8

8 9 Immer mehr EU-Recht Gastkommentar Die Schweiz als Fels in der Eurokrise Populistische Krisendiagnosen sind gefährlich, weil sie die Politik oft zu vorschnellen, wirkungslosen oder sogar kontraproduktiven Staatseingriffen verleiten. Fakt ist, dass man sich in den Jahren vor 2007 – angefangen bei der US-Notenbank (FED) – fatalerweise darangemacht hat, den Zins gegen die Marktkräfte praktisch «abzuschaffen». Damit hat man unzählige Menschen, Finanzinstitute und staatliche Gemeinwesen in den USA wie in Europa dazu gebracht, über ihre Verhältnisse zu leben. Was zurückblieb, waren bis heute weltweit unermessliche Schuldengebirge. Die Spielräume für Forschungs-, Bildungs-, Infrastruktur- und soziale Wohlfahrtsförderung mussten, vor allem im EU-Raum, mehr und mehr dem Schuldenstopp und dem Kampf gegen Armut bzw. soziale Unrast Platz machen. Also hatten im Grunde und ursächlich nicht Markt und Kapitalismus, sondern am Anfang vorwiegend Politik und Staat, d.  deren Geld-, Finanz-, h. Konjunktur- und Bankaufsichtspolitik, versagt. Das Europrojekt am Abgrund Dass die Finanz- und Konjunkturkrise 2008/09 den Euroraum am schwersten und nachhaltigsten treffen musste, entspricht nur ökonomischer Logik: Als nicht-optimaler Währungsraum hat die Euro-Zone unter ökonomischen Schön­ wetterbedingungen zwar noch recht gut funktioniert. In der Krise jedoch musste sie scheitern. Genauer: Sie wäre schon längst (zumindest in Teilen) auseinandergebrochen, wenn sie nicht mit dem Morphium einer von Brüssel organisierten und durch die Europäische Zentralbank (EZB) produzierte Liquiditätsschwemme künstlich am Leben erhalten worden wäre. Kampf gegen Staatsbankrott Gleichzeitig kam es mehr und mehr zu einem Nord-Süd-Auseinanderdriften: Hier die wirtschaftlich schwer gebeutelten Mittelmeeranrainer unter Führung eines (ebenfalls schwächelnden) Frankreichs. Reformen wie ra­ dikale Arbeitsmarktflexibilisierungen, Bildungsoffensiven (insbesondere in Richtung duale Berufsbildung), Kartellentrümpelung auf privaten Märkten, eine effektive ­ Liberalisierung mächtiger Staatsanbieter, Korrup­ ions­ t bekämpfung sowie eine standortfördernde Innovationsbeschleu­nigung vor allem in Südeuropa wären notwendig. Diese Art Wachstumspolitik ist diametral etwas anderes als das, was Hollande bzw. Paris unter «Wachstum» verstehen. Denn sie postulieren unter diesem Titel populistische Umverteilungs- und kurzatmige Stimulierungsmassnahmen wie etwa (kaum ­ finanzierbare) Lohn- und Renten­­er­höhungen, eine Reichenbesteuerung, Arbeitszeitverkürzungen, stigmatisierende Staatsstellen für Junge und anderes mehr. Deutschland zahlt Parallel zur EZB-Politik muss der EURettungsschirm durch den Nord-Euroraum (d.h. vorweg von Deutschland) geschultert werden. Die institutionelle Entwicklung der EU führt damit schleichend, aber gradlinig in die Richtung Die schädliche Finanzpolitik des Bundesrates Die Finanzpolitik des ­ undesrates besteht aktuell vor allem darin, B die Ansprüche und Forderungen fremder Staaten zu erfüllen. Mit seinen mehr als 200’000 Beschäftigten trägt der Finanzplatz Schweiz mit 10,3% zu unserem Bruttoinlandprodukt bei. Als starker wirtschaftlicher Motor darf er keinesfalls isoliert betrachtet werden, weil er mit allen anderen Branchen verknüpft ist und insbesondere die Nachfrage nach Dienst­ leistungen steigert. Die Gehälter in diesem Sektor liegen über dem Schweizer Duchschnitt­­ einkommen und tragen ebenfalls we­sentlich zum allgemeinen Konsum von Gütern und Dienstleistungen bei. Nicht zu vergessen ist der steuerliche A ­ spekt, indem die Aktivitäten auf dem Finanz­platz rund 14% der Steuereinnahmen der Schweiz generieren. Bundesrat knickt laufend ein Obwohl sie angeblich die Wettbewerbsfähigkeit stärken soll, besteht die Finanzpolitik des Bundesrates aktuell vor allem darin, die Ansprüche und Forderungen fremder Staaten zu erfüllen, ohne dass dabei die Konsequenzen dieses Handelns erkannt würden. In- dem sie keinen Widerstand seitens des Schweize