Extrablatt Mai 2013 | Page 6

6 Volkswahl und Transparenz statt Mauscheleien Wortlaut der Initiative Volkswahl des Bundesrates Die Volksinitiative für die Volkswahl des Bundesrates führt zu einer Teilrevision der Bundesverfassung: Vier Artikel werden abgeändert bzw. ergänzt, um die Volkswahl zu ermöglichen. Die Initiative will nichts dem Zufall überlassen. Darum haben sich die Initianten entschlossen, das Wahlver- fahren bereits in der Verfassung genau zu regeln – dies vor allem, um eine angemessene Vertretung der französisch- und italienischsprachigen Minderheiten zu gewährleisten. Der Bundesversammlung obliegt es, die nötigen Ausführungsbestimmungen im Bundesgesetz über die politischen Rechte anzubringen. Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 136 Abs. 2 Sie können an den Bundesratswahlen, den Nationalratswahlen und den Abstimmungen des Bundes teilnehmen sowie Volksinitiativen und Referenden in Bundesangelegenheiten ergreifen und unterzeichnen. 2 Art. 168 Abs. 1 Die Bundesversammlung wählt die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler, die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts sowie den General. 1 Art. 175 Abs. 2-7 Die Mitglieder des Bundesrates werden vom Volk in direkter Wahl nach dem Grundsatz des Majorzes gewählt. Sie werden aus allen Schweizerbürgerinnen und Schweizerbürgern gewählt, die als Mitglieder des Nationalrates wählbar sind. 2 Die Gesamterneuerung des Bundesrates findet alle vier Jahre gleichzeitig mit der Wahl des Nationalrates statt. Bei einer Vakanz findet eine Ersatzwahl statt. 3 Die Bundesratswahlen sind oftmals von Absprachen und gegenseitigen Gefälligkeiten geprägt. Das schadet unserem Land! Wen würden Sie in den Bundesrat wählen? Bestimmt haben Sie eine Meinung dazu und auch gute Argumente. In den vergangenen sechs Jahren durfte ich mehrfach den Bundesrat mitwählen. Und was ich im Vorfeld dieser Wahlen miterlebte, hat mir gezeigt, dass das Wahlrecht der Bundesversammlung nicht zu höherer Sachlichkeit führt. Oft wird in der Nacht der langen Messer – am Vorabend der Bundesratswahl – noch um jede Stimme gekämpft. Nur wer gegenüber einzelnen Parteien und Lobby-Gruppen unmissverständliche Versprechen abgibt, kann schlussendlich auch genü- gend Stimmen bekommen. Statt die Interessen des Landes und des Volkes zu vertreten, vertreten die Bundesräte dann Einzelinteressen. Mehr Transparenz gefordert Wir fordern mit der Volkswahl Trans­ parenz, eine demokratische Kontrolle und klare Schranken der Mit der Wahl Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit. Das durch das Volk sind Volk ist unabhängiger von die Bundesräte direkt Lobby-Gruppen und unden Stimmbürgern kontrollierbaren Wahlmachern. Diese taktieren und verpflichtet. greifen zu allerlei unfairen Lukas Reimann, Nationalrat, Wil (SG) Manövern bis wenige Stunden vor dem eigentlichen Wahlgang. Volk ist unabhängiger Ich bin fest davon überzeugt, dass das Volk unabhängiger ist und aus seinem persönlichen Empfinden nach sachlichen Kriterien entscheiden wird. Es ist einfacher, einige Parlamentarier einzuwickeln als das ganze Volk. Mit der Volkswahl gelten transparente und faire Regeln. Die Bevölkerung hat kein Verständnis für taktische Spiele: Es ist unwürdig, dass die  Bundesratswahlen immer wieder durch unschöne Tricksereien und politische Abrechnungen belastet werden. Hintertreppenabsprachen und parlamentarische Ränkespiele sind mit einer Volkswahl nicht mehr möglich. Mit der Wahl durch das Volk sind die Bundesräte direkt den Stimmbürgern verpflichtet. Der Bundesrat kann sich fortan nicht mehr erlauben, Abstimmungsentscheide zu missachten oder Initiativen nicht umzusetzen. Die Volkswahl bedeutet eine bessere Kontrolle der Macht durch das Volk. Portrait: Nationalrätin Verena Herzog vereidigt Mit der Frühjahrssession hat die Thurgauer SVP-Nationalrätin Verena Herzog ihre parlamentarische Tätigkeit aufgenommen. «Von der SVP-Fraktion bin ich mit einem bunten Blumenstrauss und mit herzlichen Worten sehr gut aufgenommen worden», erklärt die Nachfolgerin von Peter Spuhler. Es sei nicht nu r eine Herausforderung, sondern auch eine grosse Chance, in die Fussstapfen ihres berühmten Vorgängers zu treten. Durch ihre Erfahrungen aus dem kommunalen und kantonalen Parlament sowie durch eine Weiterbildung für Politik an der HSG war sie auf ihre neue Aufgabe gut vorbereitet. Nationalrätin Verena Herzog mit Freunden an ihrem ersten Sessionstag vor den drei Eidgenossen im Bundeshaus. Verena Herzogs erste Eindrücke sind rundum positiv. Der Ratsbetrieb sei zwar gewöhnungsbedürftig laut, gleichzeitig aber sehr produktiv. Ihre Feuertaufe hat sie mit ihrem ersten Votum zur Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen» bestanden. Da ein Teil des Votums im Radio übertragen wurde, durfte die frischgebackene Nationalrätin viele positive Reaktionen entgegennehmen. «Als bürgerliche Politikerin fühle ich mich in der Partei und in der Fraktion sehr gut verankert», sagt Verena Herzog. Da eine Vielzahl der Geschäfte das Gewerbe betreffe, sei der Alltag doch sehr nah. Sie könne sich an vorderster Front für gewerbliche Anliegen einsetzen. Diese wird sie nicht aus den Augen verlieren, denn ausserhalb der Sessionen, also während rund 35 Wochen, steht sie mitten im Berufsleben, wenn sie als administrative Geschäftsleiterin im Zentrum für Kieferorthopädie in Winterthur tätig ist. Die gesamte Schweiz bildet einen Wahlkreis. Gewählt ist im ersten Wahlgang, wer das absolute Mehr der gültigen Stimmen erreicht. Dieses berechnet sich wie folgt: Die Gesamtzahl der gültigen Kandidatenstimmen wird durch die Zahl der zu wählenden Mitglieder des Bundesrates geteilt und das Ergebnis halbiert; die nächsthöhere ganze Zahl ist das absolute Mehr. Haben nicht genügend Kandidierende im ersten Wahlgang das absolute Mehr erreicht, so findet ein zweiter Wahlgang statt. Im zweiten Wahlgang entscheidet das einfache Mehr. Bei Stimmengleichheit wird das Los gezogen. 4 Mindestens zwei Mitglieder des Bundesrates müssen aus den Wahlberechtigten bestimmt werden, die in den Kantonen Tessin, Waadt, Neuenburg, Genf oder Jura, den französischsprachigen Gebieten der Kantone Bern, Freiburg oder Wallis oder den italienischsprachigen Gebieten des Kantons Graubünden wohnhaft sind. 5 Ist nach einer Bundesratswahl die Anforderung nach Absatz 5 nicht erfüllt, so sind diejenigen in den in Absatz 5 bezeichneten Kantonen und Gebieten wohnhaften Kandidierenden gewählt, die das höchste geometrische Mittel aus den Stimmenzahlen der gesamten Schweiz einerseits und den Stimmenzahlen der genannten Kantone und Gebiete andererseits erreicht haben. Als überzählig scheiden jene Gewählten aus, welche ausserhalb der genannten Kantone und Gebiete wohnhaft sind und die tiefsten Stimmenzahlen erreicht haben. 6 7 Das Gesetz regelt die Einzelheiten. Art. 176 Abs. 2 Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident und die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident des Bundesrates werden vom Bundesrat aus dem Kreis seiner Mitglieder auf die Dauer eines Jahres gewählt. 2 Benjamin Spitteler, dipl. Kaufmann, Eschenz (TG) «Mit der Volkswahl wird unsere Demokratie von einem unwürdigen Schauspiel befreit. Die kurzfristige Installation von Kandidaten aus dem Nichts gegen den Willen der Parteien wird ein Ende haben. Eine faire und transparente Ausmarchung stärkt die Rechte des Volkes und die Legitimation des Bundesrates gegenüber dem Parlament.» Lukas Wilhelm, Kaufmännischer Lernender, Steinen (SZ) «Die taktischen Spiele des Parlaments müssen aufhören. Was sich auf Kantonsebene bewährt hat, können wir nun auf die Bundesebene ausweiten. Schaffen wir uns mehr Volksrechte, stärken wir die Gewaltenteilung und verpflichten wir den Bundesrat direkt dem Volk. Deshalb am 9. Juni JA stimmen!»