Extrablatt Februar 2013 | Page 4

4 5 Erzie­­­­­­­­hung ist Sache der Eltern Seit Jah­­­­ versucht der Staat, sich immer mehr in die ren Kindererziehung einzumischen. Bereits mit HarmoS will man die Gemeinden verpflichten, Tagesstrukturen zu schaffen, damit die Kinder – ab 4 Jahren – jeden Tag von 7.00 bis 18.00 Uhr staatlich betreut und b ­ eaufsichtigt werden können. Nichts gegen die Institution der Krippe an sich! Dort, wo das soziale Geflecht beschädigt ist oder kaum mehr besteht, sind Krippen not­ endig w und gerechtfertigt. Auch zur Entlastung von Doppelverdienern im T ­ ieflohnbereich, die sich mit einem Lohn nicht über ­ asser zu halten W vermögen, machen sie durchaus Sinn. Was jedoch nicht angeht, ist die Erstellung eines flächendeckenden Krippennetzes auf Staatskosten. Silvia Blocher, ausgebildete Primarlehrerin, Mutter von ­ vier erwachsenen Kindern und Gross­ utter von acht m Enkelkindern, wohnhaft in Herrliberg (ZH) Die Eltern sollen sich nur noch abends und am Wochenende mit den Kindern beschäftigen. Und nun soll gar ein «Familienpolitik»-Artikel in unsere Bundesverfassung, der die Macht des Staates über unsere Kinder und Familien noch mehr ausbaut! Ein veraltetes, längst überwunden geglaubtes Denkschema taucht da von Neuem auf: der Glaube, der Staat mache alles besser als Private. Wer ist der Staat denn, der unsere Kinder so viel besser erziehen und fördern können soll als Eltern und Grosseltern, Verwandte und Bekannte? Auch der Staat kann nur Menschen mit guten und schlechten Eigenschaften als Erzieher und Lehrer zur Verfügung stellen. Zwar kann er ihnen Methoden und Erziehungsrezepte vermitteln, aber das genügt nicht. Betreuung und Erziehung erfolgen nicht einfach über Anleitungen, da werden auch Lebensanschauungen und Werte weitergegeben. Das ist intimste Aufgabe der Eltern, die ihnen vom Staat nicht einfach entrissen werden darf. Sie sollen selber bestimmen können, wer ihre Kinder wie betreut. Krippenfutter? Wie in totalitären Staaten Totalitäre Staaten sind bekannt dafür, dass sie über die Schulen ihre Macht über die Bürger ausdehnen und durch Indoktrinierung der Kinder und Jugendlichen Widerspruch und Auflehnung abblocken und andere Ideen verhindern. In allen kommunistischen Staaten hat man beide Elternteile zur Arbeit verpflichtet und ihnen unter dem Deckmantel der Fürsorglichkeit die Pflege und Erziehung der Kinder bereits «abgenommen», als die Kinder noch sehr klein waren. Nicht nur wurden diese mit gefälschten Lehrmitteln unterrichtet, man zwang ihnen auch politische Parolen auf, die  sie jederzeit auswendig hersagen mussten und die sie ein Leben lang ­beeinflussen sollten. Wir wollen keine staatliche Bevormundung! Erziehung ist Sache der Eltern! Nur so ist sichergestellt, dass unsere Kinder und Jugendlichen nicht als Masse manipuliert werden. Ganztagesbetreuung gaukelt vielen Eltern vor, sie könnten ihre Erziehungsverantwortung an der Krippentüre abgeben. Diese muss aber bei den Eltern bleiben. Sie ist genau zugeordnet: Durch die Geburt ihrer Kinder sind Menschen zu Eltern geworden, und dies werden sie ihr Leben lang bleiben. Der anonyme Staat hat hier nichts zu suchen. Bundesrat und Bundesversammlung möchten von den Stimmberechtigten am 3. März 2013 einen Verfassungsauftrag, um «das Engagement von Bund und ­ antonen im Bereich der K Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbs­ ätigkeit t zu verstärken». Wer wenigstens ungefähr wissen möchte, was denn ein solcher Aufbruch in die familienpolitische Zukunft kosten könnte, erfährt dies nicht. Urvertrauen braucht ­Bezugspersonen Ich bin der Überzeugung, dass die Betreuung der Kinder im Familienumfeld durch die eigenen Eltern die Idealform der Kinderbetreuung darstellt und Kinderkrippen nur ergänzend dort anzubieten sind, wo diese Idealform nicht mehr möglich ist oder fehlt. In Betreuungsstätten kümmert sich eine Bezugsperson – mag sie noch so professionell und kompetent sein – um mehrere Kinder, was die mögliche Zuwendung einschränkt. Hinzu kommt, dass sich die Bezugspersonen in Kinderkrippen aufgrund des Personalwechsels oder flexibler Arbeitszeiten oft abwechseln. Um das Urvertrauen eines Kindes herzustellen, ist jedoch eine stabile, dauerhaft präsente Bezugsperson eindeutig vorteilhafter. Mit einer Allerweltsformel wird abgewehrt: «Der Entwurf ist nicht nur mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar, sondern verleiht diesen sogar zusätzliches Gewicht, indem er die Familienpolitik in der Bundesverfassung verankert.» Vorab sei darum laut zuständiger Parlamentskommission festgehalten: «Um die kinderbedingten Mehrkosten teilweise auszugleichen», verfügt der Bund (zusätzlich zu Kantonen und Gemeinden) bereits heute über ein vielfältiges Instrumentarium wie Entlastungen durch Familienbesteuerung, Familienzulagen, Mutterschaftsversicherung, Prämienverbilligungen bei den Sozialversicherungen oder auch Kinderrenten. Emotionale Bindung wichtig Dies gewährleistet ein Elternteil (sei es Mann oder Frau), der dem Kind tagtäglich eine starke emotionale Zuwendung zukommen lässt. Die SVP versucht, die Benachteiligung von Familien, die ihre Kinder selbst betreuen, dadurch zu beheben, dass sie ihnen in einer Volksinitiative denselben Steuerabzug wie im Fall von Fremdbetreuung gewähren will. Idealgesellschaft? Die «Idealgesellschaft» ist ein Mythos, den es in der Wirklichkeit nie geben wird. Aber es ist doch zumindest Aufgabe der Gesellschaft, jene grundlegenden Erziehungsformen wie die Familie nicht zugunsten von Mo- Gymnasiallehrer mit Begeisterung: Oskar Freysinger. dellen zu benachteiligen, die lediglich eine Behelfslösung darstellen. Beim jetzigen Stand der Dinge bezahlen Einzelverdiener-Familien durch ihre Steuern für die Fremdbetreuung von Doppelverdienern. Da wäre ja einer schön dumm (oder ein hoffnungsloser Idealist), wenn er seine Kinder noch selber erziehen würde. Oskar Freysinger, Nationalrat, Gymnasiallehrer, lic. phil. I, Vater von drei Kindern, Savièse (VS) 1 Milliarde jährlich in der Waadt Am 27. September 2009 wurde ein neuer Familienartikel in die Kantonsverfassung des Kantons Waadt aufgenommen. Seither ist die flächendeckende Einführung der ausserschulischen Betreuung für alle Gemeinden obligatorisc