Extrablatt Ausgaben September 2015 Kanton Thurgau | Page 13
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Der starke Franken
lastet auf dem Werkplatz
Interview: Peter Maag
Bilder: Mario Gaccioli
Eine gute Finanz- und
Wirtschaftspolitik ist
gerade jetzt enorm
wichtig, sagt der
Thurgauer Unternehmer Peter Spuhler,
CEO und Inhaber der
Stadler Rail Group, im
Interview mit dem
«EXTRABLATT».
Die Frankenstärke
führt zu Stellenabbau,
Verlagerungen und
Schliessungen. Worauf
müssen wir uns gefasst machen?
Peter Spuhler: Die Schweiz ist
traditionell ein Hochlohnland.
Die beiden Währungsschocks in
den Jahren 2011 und 2015 haben die Wettbewerbsfähigkeit
der Exportindustrie massiv eingeschränkt. Während einer gewissen Zeit ist dies verkraftbar.
Wenn es keine Entspannung
gibt, kann es aber dazu führen,
dass Arbeitsplätze in wenig produktiven Bereichen im grösseren
Stil ins Ausland verlagert werden.
Peter Spuhler wünscht sich mehr Unternehmerinnen und Unternehmer in Bern.
Hat die industrielle
Produktion in der
Schweiz eine Zukunft?
Die Schweiz bietet neben den
Nachteilen der Währungsverwerfungen und der hohen Lohnkosten auch Vorteile. Zu den
Wettbewerbsvorteilen gehören
das duale Berufsbildungssystem,
das liberale Arbeitsgesetz und
der hohe Ausbildungsstand der
Mitarbeitenden. Man muss sich
bewusst sein, dass das linke politische Spektrum permanent versucht, das Erfolgsmodell Schweiz
einzuschränken. Damit besteht
die Gefahr, dass wir ins europäische Mittelmass absinken. Grundsätzlich bin ich aber davon überzeugt, dass der Werkplatz eine
Zukunft hat, insbesondere wenn
sich die Währungssituation beruhigen sollte.
Was kann die Politik
beitragen?
Kurzfristig kann die Politik gar
nichts beitragen. Sie könnte ein
Konjunkturpaket schnüren. In der
Regel sind solche Pakete aber
baulastig. Die Baukonjunktur läuft
zur Zeit sehr gut, die Problembranche ist die Exportindustrie.
Grundsätzlich kommen solche
Programme zum falschen Zeitpunkt und wirken sich am falschen Ort aus. Deshalb lautet
mein Ratschlag: Finger weg von
Konjunkturpaketen! Sollte es zu
einer massiven Erhöhung der Arbeitslosigkeit kommen, kann die
Bezugsdauer der Kurzarbeitsgelder verlängert werden. Diese
Massnahme hat letztmals viel
gebracht. Sie trägt dazu bei, dass
gute und erfahrene Mitarbeitende während einer Konjunkturdelle im Unternehmen bleiben
können. Mittel- und längerfristig
muss die Politik optimale Rahmenbedingungen gewährleisten. Sie muss die Bürokratie abbauen und für eine steuerliche
Entlastung des Werkplatzes sorgen.
Am 18. Oktober 2015
wird gewählt. Wie
wichtig ist eine bürgerliche Mehrheit in
Bern?
Die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat ging 2007 verloren. Seither ist nicht mehr klar ersichtlich,
ob wir Mitte-Rechts oder MitteLinks stehen. Am 18. Oktober
2015 haben wir die Möglichkeit,
dies zu korrigieren. Ich hoffe, dass
die SVP zulegen wird, damit wir
im Nationalrat zusammen mit der
FDP die verlorene Mehrheit wieder zurückerobern können. Wenn
die gegenwärtige Zersplitterung
in der Mitte überwunden wird,
kann in der nächsten Legislaturperiode eine bessere Finanz- und
Wirtschaftspolitik durchgesetzt
werden.
Was erwarten Sie von
der SVP?
In meiner Parlamentszeit verfügte die SVP über einen starken
Wirtschaftsflügel. Dieser wird
zurzeit nicht mehr im gleichen
Ausmass wahrgenommen. Es ist
deshalb wichtig, dass die SVP neben ihren Kernthemen Sicherheit
und Bekämpfung des Asylmissbrauchs das Feld der Finanz- und
Wirtschaftspolitik wieder stärker
besetzt. Dies muss auch gegen
aussen deutlich werden. Mein
Wunsch ist, dass die SVP vermehrt Unternehmerinnen und
Unternehmer nach Bern entsendet – auch aus dem Thurgau.