In meiner Berufspraxis als Rechtsanwalt und Notar arbeite ich fast täglich mit dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch , kurz ZGB . Dieses stammt aus dem Jahr 1907 . Das ZGB war und ist ein hervorragendes Gesetzbuch , das sich seit über 100 Jahren bewährt hat und sogar von der Türkei übernommen wurde . Durch regelmässige punktuelle Anpassungen wurde das ZGB immer auf den neusten Stand gebracht .
Ebenfalls aus dem Jahr 1907 stammt die Walliser Kantonsverfassung . Darin steht beispielsweise folgender , glasklarer Satz : « Das Eigentum ist unverletzlich ». Was 1907 galt , wäre an sich heute , in Zeiten von Zweitwohnungsgesetz und raumplanerischen Auszonungen , aktueller denn je .
Eine Gruppe von Links-Grünen und Etatisten sieht das jedoch anders und hat daher die Initiative zur Totalrevision der Verfassung durch einen Verfassungsrat lanciert , über welche die Walliserinnen und Walliser am 4 . März 2018 abstimmen werden . In ihrem kryptischen Argumentarium verraten die Initiaten auf weniger als anderthalb Seiten die wahren Beweggründe für ihr Ansinnen .
Zunächst wird kritisiert , unsere Kantonsverfassung sei trotz verschiedener Anpassungen « mittlerweile über hundert Jahre alt ». Mehr noch als ein Gesetz sollte eine Verfassung aber fortdauernd und beständig sein . Die darin kodifizierten Grundwerte einer Gesellschaft sollten nicht nach Belieben der Mode und dem Zeitgeist weichen . Darum datiert zum Beispiel die Verfassung der USA aus dem Jahr 1787 .
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Mit verschiedenen Zusatzartikeln , sog . « Amendments », wurde die US-amerikanische Verfassung aktualisiert , ohne dabei den freiheitlichen Geist der Gründerväter zu verraten .
Liest man das Argumentarium der Ini tianten für die Totalrevision der Kantonsverfassung weiter , so macht folgende Wendung stutzig : Das Frauenstimmrecht habe zu « mehr » Gleichberechtigung geführt . Liegt etwa eine Frauenquote in der Luft ?
Viel demokratischer wäre es , wichtige Fragen einzeln vorzulegen .
Weiter müsse die Rolle der Pfarreien « neu definiert » werden . Kurz nachdem die SP Schweiz die Anerkennung des Islams als Staatskirche gefordert hat , wird deutlich , was damit wohl gemeint ist . Viel verständlicher aber ist folgender Passus : « Hinzu kommt der Platz der ausländischen Bevölkerung bei der politischen Entscheidungsfindung ». Der Wunsch der Initianten nach der Einführung des Ausländerstimmrechts könnte klarer nicht formuliert sein .
Gelesen hat dieses Argumentarium von den Unterzeichnern der Initiative wohl niemand . Vermutlich auch nicht die vermeintlich « bürgerlichen » C- Parteien , welche den Initianten auf den Leim gekrochen sind und sich dazu hinreissen liessen , die Totalrevision der Kantonsverfassung zu unterstützen .
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Möchte man nun aber wie die Initianten tatsächlich Grundlegendes diskutieren und allenfalls sogar ändern , dann ist eine Totalrevision klar der falsche Weg . Bei einer Totalrevision könnte das Volk am Ende des Verfassungsgebungsprozesses nur ein einziges Mal – nämlich zu allem – ja oder eben nein sagen . Die bei Teilrevisionen so wichtige Einheit der Materie wird mit einer Totalrevision gerade ausgehebelt .
Viel demokratischer wäre es , wichtige Fragen den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern im Rahmen von Teilrevisionen einzeln vorzulegen , damit sie sich zu jeder wichtigen Neuerung möglichst frei äussern können . So kann jemand beispielsweise durchaus für eine Frauenquote und gleichzeitig gegen die Anerkennung des Islams als staatliche Kirche sein . Mit der Allesoder-nichts-Strategie einer Totalrevision wird jedoch ein demokratischer und differenzierter Meinungsbildungsprozess geradezu verunmöglicht . Daher setzt sich die SVP dafür ein , dass die Kantonsverfassung über einzelne Teilrevisionen – und nicht über eine schwerfällige Totalrevision – erneuert werden soll .
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Michael Graber , Fraktionschef SVP Oberwallis
Geht es nach den Initianten , ist das aber noch lange nicht alles : Die Totalrevision soll nicht etwa das Parlament vollziehen , sondern ein eigens dafür gewählter « Verfassungsrat ». Was seltsam tönt , ist nichts anderes als ein neues , erst noch zu schaffendes Gremium von 130 ( Sie haben richtig gelesen : einhundertdreis sig ) Personen , welche – selbstverständlich gegen Bezahlung – einen neuen Verfassungstext ausarbeiten sollen . Dieser Verfassungsrat
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müsste natürlich zuerst gewählt werden , was wiederum der Steuerzahler berappen müsste . Begründet wird das damit , dass die Verfassung alle angehe , nicht nur die Politiker . Von « Personen aus der Zivilgesellschaft » ist die Rede , welche neben Politikern auf Listen figurieren und sich in diesen Verfassungsrat wählen lassen sollen . |
Das Wallis hat schon 130 gewählte
Abgeordnete .
Der Kanton Wallis hat aber schon 130 gewählte Abgeordnete , die Grossrätinnen und Grossräte . Dazu kommen 130 Suppleantinnen und Suppleanten . Deren Job wäre es eigentlich , die Gesetze auszuarbeiten und dazu gehört auch das grundlegendste Gesetz , die Verfassung . Schon heute besteht der
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Grosse Rat aus « Personen aus der Zivilgesellschaft »: Im Kantonsparlament sitzen Handwerker , Unternehmer , Hausfrauen , Lehrer , Ärzte und Anwälte . Inwiefern ein Verfassungsrat hier neue Möglichkeiten schaffen sollte , ist schleierhaft .
Schwer zu beziffern sind die Kosten eines solchen Verfassungsrates . Klar ist einzig , dass dieser sich zuerst konstituieren müsste und ebenfalls auf administrative Unterstützung angewiesen wäre – wie heute der Grosse Rat auf den Parlamentsdienst . Dazu kämen die Kosten für die erneuten Wahlen des Verfassungsrates . Konservative Schätzungen gehen immerhin von einigen Millionen Franken aus .
Aus diesen Gründen empfiehlt Ihnen die SVP Oberwallis am 4 . März 2018 zwei Mal ein wuchtiges Nein in die Urne zu werfen . Nein zur Totalrevision der Kantonsverfassung und Nein zu einem Verfassungsrat .
Michael Graber , Fraktionschef SVP Oberwallis
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