Hintergrund wodurch die Gasströmung und die Hitze nicht tief genug in den Ofen eindringen können . Es entsteht ein Kegel aus Koks , der sogenannte „ Tote Mann “. Die Lösung : Starke , diskontinuierliche Impulse ermöglichen die notwendige Tiefenwirkung des technischen Sauerstoffs . Das kurzzeitige , lokale Überangebot an Sauerstoff ermöglicht eine vollständigere chemische Umsetzung der Feinpartikel – auch tief im Koksbett . Die mit den Impulsen einhergehenden Stoßwellen brechen Verkrustungen an dieser Stelle auf und vermischen den Inhalt durch starke Turbulenzen . Sie sorgen dadurch für eine gleichmäßigere Durchgasung und einen besseren Abfluss des flüssigen Metalls und der Schlacke . Phase 1 : ASIPGO – Das Verbund-Forschungsprojekt von thyssenkrupp und der RWTH Aachen ( 2007-2011 ). Im kleineren Maßstab , an Kupolöfen , funktioniert die Technologie schon seit Jahren erfolgreich und ermöglicht eine deutliche Steigerung der Wirtschaftlichkeit . Der Einsatz an den erheblich größeren Hochöfen war jedoch noch vollkommen unerforscht . Als AT . PRO tec sich damit an die RWTH Aachen und das dort situierte Institut für Eisenhüttenkunde ( IEHK ) wandte , hatte Rainer Klock soeben seine Diplomarbeit fertiggestellt . Für das neue Forschungsprojekt , das durch thyssenkrupp als Industriepartner unterstützt wurde , suchte die RWTH einen wissenschaftlichen Mitarbeiter . „ Das war für mich die perfekte Gelegenheit . Nicht nur konnte ich sofort im Anschluss an mein Diplom die Doktorarbeit schreiben , das Projekt bot auch die Möglichkeit , direkt an einem der größten Hochöfen Europas zu arbeiten “, berichtet Dr . Klock später . „ Das Projekt ASIPGO sollte über drei Jahre hinweg zwei Ziele verfolgen : erstens , den Einsatz des SIP-Verfahrens an Kupolöfen durch Automatisierung zu verbessern und zweitens den Einsatz des SIP-Verfahrens an Hochöfen zu ermöglichen .“ Rainer Klock fokussierte sich im Rahmen seiner Doktorarbeit auf die Forschung für den Einsatz am Hochofen . Dabei wurden zunächst die physikalischen und chemischen Prozesse untersucht , die dem SIP-Verfahren an Kupolöfen zum Erfolg verhalfen . Die Forschergruppe , bestehend aus Mitarbeitern von thyssenkrupp AT . PRO tec , thyssenkrupp Steel Europe und der RWTH Aachen , wollte die Prozesse in der Wirbelzone eines Hochofens und wie diese durch Sauerstoffimpulse wahrscheinlich beeinflusst würden , genau verstehen , um die Technologie mit dem gesammelten Wissen vom Kupolofen auf den Hochofen übertragen zu können . Auf Basis dieser Erkenntnisse am IEHK wurde schließlich eine SIP-Versuchsanlage für Hochöfen konstruiert . Im Vergleich zur SIP-Anlage für Kupolöfen arbeitete man nun mit deutlich größeren Nennweiten und Drücken . Die Anlage musste daher angepasst und mit geeigneten Komponenten ausgestattet werden . Ein Hauptaugenmerk lag dabei auf den sogenannten Pulsventilen . Diese mussten in der Lage sein , eine möglichst starke Stoßwelle zu erzeugen . Nach einer langen Untersuchungsreihe mit unterschiedlichen Ventiltypen konnte sich das Gleitschieberventil von Schubert & Salzer durchsetzen . Das Prinzip dieses Ventils ist faszinierend einfach : zwei aufeinander gleitende und gegeneinander dichtende Schlitzscheiben . Eine
Primetals Technologies soll die SIP-Technologie weltweit vermarkten und auch anderen Stahlherstellern zugänglich machen . Foto : thyssenkrupp AT . PRO tec GmbH
senkrecht zur Strömungsrichtung fixierte Dichtscheibe , auf der eine weitere , bewegliche Scheibe mit der gleichen Schlitzanordnung verschoben wird , wodurch sich der Durchflussquerschnitt verändert . Die anliegende Druckdifferenz presst die bewegliche Scheibe auf die feststehende Scheibe und trägt dadurch zur Dichtigkeit bei . Die durch dieses Prinzip erreichbaren , kurzen Öffnungszeiten und die Druckbeständigkeit bei großen Nennweiten waren letztendlich ausschlaggebend . Phase 2 : Vom Versuch zum großindustriellen Einsatz ( 2011 – 2020 ). Die ersten Tests mit der SIP-Versuchsanlage am Hochofen Schwelgern 1 in Duisburg lieferten so vielversprechende Ergebnisse , dass thyssenkrupp Steel Europe sich entschloss , das Verfahren auch über das Forschungsprojekt hinaus weiterzuentwickeln . Mit seinen 13,6 m Gestelldurchmesser , einer Gesamthöhe von ca . 110 m und einem inneren Volumen von 4.416 m3 hat der Hochofen Schwelgern 1 eine potentielle Leistung von 10.000 t pro Tag . Die geschweißte Stahlkonstruktion , die im Inneren mit feuerfestem Material ausgekleidet ist und über einen geschlossenen Kühlwasserkreislauf verfügt , zählt zu den modernsten Hochöfen der Welt . Hier sollte Rainer Klock die Weiterentwicklung des SIP-Verfahrens als Betriebsingenieur leiten und wurde gen Sommer 2010 von
edelstahl aktuell | Ausgabe 3 | mai 2023 21