Edelstahl Aktuell Februar 2025 | Page 13

PORTRÄT

Im Porträt : Tim Tunali , Head of AI Competence Center bei der Schmidt + Clemens Gruppe Von Daten zu Lösungen

Im Porträt-Interview erläutert Tim Tunali , Head of AI Competence Center bei der Schmidt + Clemens Gruppe , wie er mit Fokus auf künstliche Intelligenz Prozesse optimiert , Wissen vermittelt und nachhaltige Innovationen vorantreibt und wie der Aufbau eines KI-Kompetenzzentrums zentrale Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Ressourceneffizienz in der Edelstahlbranche stärkt .
EA : Wie verlief Ihr Weg in die Edelstahlbranche , und wie kamen Sie zu Ihrer aktuellen Rolle ? TT : Nach meinem Bachelor in Wirtschaftsingenieurwesen begann ich ein Traineeprogramm im Vertrieb bei Schmidt + Clemens . Bereits nach einem Jahr übernahm ich die Position des Sales Development Responsible und war für Marktanalysen , Kundenakquise und klassische Vertriebstätigkeiten zuständig . Das Kapitel Digitalisierung und Projektmanagement begann für mich mit der Entwicklung einer Landingpage und mein erstes großes Projekt als Projektleiter war gleich die CRM-Implementierung für die gesamte S + C-Gruppe . Um mich verstärkt auf Zukunftsthemen zu konzentrieren , übernahm ich 2022 die Funktion des Business Development Managers . Schon da landeten die Fragen zur KI bei mir . Unser COO Dominic Otte hat das Thema aktiv vorangetrieben und so durfte ich ab Mitte 2023 ein interdisziplinäres Team leiten , mit dem ich KI-Projekte und Workshops umgesetzt habe . 2024 haben wir dann das KI-Kompetenzzentrum aufgebaut . Seit Neuestem studiere ich berufsbegleitend Artificial Intelligence – ein klares Zeichen der Geschäftsleitung , dass KI strategisch wichtig ist . Ich freue mich darauf , das Gelernte direkt in die Praxis umzusetzen . Außerdem möchte ich mich als Führungskraft durch Praxiserfahrung und Weiterbildung weiterentwickeln , um mein Team optimal zu unterstützen .
EA : Was umfasst Ihre aktuelle Aufgabe ? TT : Als Fachbereichsleiter im KI-Kompetenzzentrum liegt mein Fokus auf der strategischen Entwicklung und Umsetzung von KI-Projekten . Vor allem möchten wir unseren Kolleginnen und Kollegen ein gutes Grundverständnis von KI zu vermitteln . Unser Ziel ist es , dass letztlich jeder weiß : „ Was ist KI ?“, „ Wo kann sie sinnvoll eingesetzt werden ?“ und „ Wie beeinflusst sie meinen Arbeitsalltag ?“. Wir wollen alle Fachbereiche befähigen , eigenständig Ideen zu entwickeln und dabei die Möglichkeiten und Grenzen von KI einzuschätzen . Ein wichtiger Aspekt ist dabei ein Change Management , das Unsicherheiten abbaut und ein Bewusstsein dafür schafft , dass KI den Arbeitsalltag erleichtert und unsere Kolleginnen und Kollegen als Arbeitskräfte nicht ersetzen kann und soll . Die abstrakte Funktionsweise von KI ist oft schwer greifbar , daher ist Angst normal und war in der Geschichte technischer Innovationen schon unzählige Male zu beobachten – etwa bei der Einführung der Eisenbahn , des Computers oder des Internets in den Alltag . Die Vermittlung eines Grundwissens kann „ Bekanntschaft “ zwischen dem Menschen und diesem neuen , leistungsstarken Werkzeug schaffen , wodurch die Hemmschwelle , Gewohnheiten zu ändern , um KI im Arbeitsalltag zu nutzen , leichter überwunden werden kann .
EA : Was fasziniert Sie an künstlicher Intelligenz ? TT : KI ermöglicht es , komplexe Probleme effizient zu lösen
und Muster zu erkennen , die in großen Datenmengen oft verborgen bleiben . Durch die schnellere Analyse lassen sich Verbesserungen , Trends oder Fehlerquellen erkennen , die in der Produktion oder bei der Entscheidungsfindung von großem Nutzen sein können . Zudem schafft KI Freiräume für kreative oder strategische Tätigkeiten , indem sie Routineaufgaben übernimmt .
EA : Wie schätzen Sie die Rolle und das Potenzial von KI für die Edelstahlbranche und generell für die Zukunft ein ? TT : KI bietet großes Potenzial zur Produktionskostensenkung , Ressourcen- und Energieeinsparung sowie in der Qualitätskontrolle und Wartung . Predictive Maintenance kann Materialfehler frühzeitig erkennen , Maschinenausfälle oder Unfälle verhindern und so die Arbeitssicherheit erhöhen . Ein besonderes Beispiel ist die umweltfreundlichere Produktion : KI kann Energieverbrauchsmuster analysieren , Einsparpotenziale aufzeigen und den Einsatz von Recyclingmaterialien optimieren . Obwohl KI ressourcenintensiv ist , gehen wir davon aus , dass sie langfristig den Breakeven-Punkt überschreiten und zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen wird . Allerdings kann heute wohl noch niemand das volle Potenzial von KI absehen .
Tim Tunali . Foto : Schmidt + Clemens GmbH + Co . KG
„ Keine Daten , keine KI “
EA : Wo sehen Sie die größte Herausforderung in der Branche ? TT : Analoge Prozesse müssen digitalisiert werden , um Daten
in ausreichender Qualität und Quantität für die Analyse durch KI zu generieren . Echtzeitanalysen und die intelligente Produktion entwickeln sich rapide , aber die strukturierte Aufbereitung und Verwaltung dieser Daten ist entscheidend , um sie für die KI nutzbar zu machen . Nicht zu unterschätzen sind auch die Herausforderungen der Cybersicherheit bei der Integration von KI in automatisierte Prozesse – einschließlich Datenschutz und Schutz vor unbefugtem Zugriff . Auch diese Sicherheitsaspekte werden in die Sensibilisierung der Belegschaft einfließen .
EA : Worauf sind Sie stolz und wie entspannen Sie am besten ? TT : Ich bin stolz auf meinen beruflichen Werdegang , insbesondere auf die Projekte , die wir im Team umgesetzt haben und auf die Arbeit an Zukunftsthemen im KI- Kompetenzzentrum . Abschalten kann ich am besten in ruhigen Momenten am See oder im Park mit meiner Frau . Auch Sport wie Joggen oder Krafttraining hilft mir , den Kopf frei zu bekommen und neue Perspektiven zu gewinnen .
EDELSTAHL AKTUELL | AUSGABE 1 | FEBRUAR 2025 13