NOSTALGIE SPITZE
FRÜHER
Als Paris die Mode
auf die Spitze trieb
Wandschirme, Decken, Sonnenschirme, Halskrausen, Manschetten, Volants, Rockbesätze, Jäckchen, Taschentücher - alles in kunstvoll
hand-gearbeiteter Spitzen-Ornamentik, mit
Spitze bedeckt oder mit Spitzenbändchen geschmückt. Am Pariser Hof entbrannte im 16. /17.
Jahrhundert eine Leidenschaft für Spitze, die
sich fast zu einer Manie steigerte. Die Herstellung und der Handel mit Spitzen aus Brüssel, Venedig und Genua blühten.
Frankreich hatte noch keine eigene Spitzenherstellung. Der Adel und das Bürgertum gab so
viel Geld für teure feinste Brüsseler und Venezianische Spitzen aus, dass Ludwig IV das Tragen
von Spitzen im Jahr 1660 verbot und mit einer
Geldstrafe belegte. Doch das Verbot bewirkte
das Gegenteil. Das Geld floss weiter ins Ausland.
Deshalb kam Colbert auf die Idee in Frankreich,
bei Alençon, die ersten Spitzenmanufakturen zu
bauen.
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ECOenVIE Nr. 16
Das Ziel war, noch kunstvollere Spitzen, als die
der Italiener und Flamen herzustellen. Das gelang, und seit Beginn des 18. Jahrhunderts gelten die Französischen Spitzen aus Alençon und
Lyon als die filigransten und teuersten aller Spitzen. Für die Herstellung von Nadelspitzen und
Klöppelspitze brauchte man Musterschablonen
aus Pappe. Der künstlerische Beruf des Musterzeichners war damals hoch angesehen. Über 50
Künstlerbücher aus der damaligen Zeit liegen
heute in der französischen Nationalbibliothek.
Damals hatten die Ornamente für die Spitzen
Anspruch auf Einzigartigkeit. Das änderte sich
mit der Erfindung der ersten Maschine zur industriellen Herstellung von Tüll im 19. Jahrhundert
(1808 John Heathcoat, England) und der ersten
Stickmaschine (1828 Josua Heilmann, Elsass).
Text: Gabriele Perryman