ECOenVIE Nr. 17 12.12.2016 | Page 100

Einkaufen- online oder im Laden?
Ökonomie des shoppens

BIOKOSMETIK

Einkaufen- online oder im Laden?

Die Ökonomie des Shoppens

Text: Angie Aicher Foto: shutterstock
Wenn wir uns umsehen in der Welt der Kosmetik, fällt auf, dass man im klassischen Einzelhandel noch relativ wenig der doch inzwischen sehr großen Vielfalt an Bioprodukten findet. Da beherrschen immer noch klassischen Marken wie Gebhardt, Hauschka, Sante oder lavera das Bild. Gefolgt von Tautropfen, Kneipp und Weleda. Schaut man sich im Internet um, ist das Angebot dort deutlich vielfältiger, jünger und aufregender. Kleine Marken aus allen möglichen Ländern, besonders aber aus Australien und Amerika oder sogar Lettland bieten eine unglaubliche Vielfalt an Philosophien und Produkten an. Selbst mit einigen wenigen Seifen gehen Shops wie ‚ Binu‘ online. Und wachsen. Manchmal dann auch bis in den stationären Handel.
Aber warum tun sich Einzelhändler und Drogerieketten so schwer mit neuen Marken? Zum einen dürfte die garantierte Verfügbarkeit ein Thema sein. Denn wenn die Firmen noch klein sind, können sie manchmal die benötigten Mengen nicht liefern. Online ist das nicht so wild, das Foto des Produktes steht im Netz, dass es ausverkauft ist, steht klein darunter. Ist allerdings das Regal in der Parfümerie leer, sieht das nicht ganz so hübsch aus. Auch Zertifikate haben lang eine Rolle gespielt. Momentan weicht das etwas auf, denn es gibt viel gute Biokosmetik, die sich den Gang über komplizierte, teure Zertifizierungssysteme sparen. Zu aufgeweicht sind oft die Regeln, zu undurchsichtig für den Kunden, bei welchem Siegel jetzt wie viel ‚ nur‘ Natur und welcher Anteil nun ‚ Bio‘ ist. Auch kann es an einem Inhaltsstoff scheitern, der nicht zertifizierbar ist, weil zum Beispiel mineralischen Ursprungs.
Online ist man da oft nicht so kritisch, hat sich die Kundin aber doch aufgemacht zur Parfümerie, will sie es meist immer noch ganz genau wissen und auch Brief und Siegel haben.
Die KundInnen sind online einfach neugieriger. Nehmen auch mal ein Produkt mit, weil es gerade im Angebot ist oder einfach neu, weil es sich spannend anhört und der Algorhythmus es als passend vorgeschlagen hat. Was gute VerkäuferInnen genauso machen, aber irgendwie scheint es mit dem Hintern auf dem Sofa und dem bargeldlosen Bezahlen per Mausklick leichter zu fallen, auch mal was Neues zu testen.
Ist es vielleicht auch das ungestörte Stöbern? Empfindet der Kunde im Geschäft einen anderen Druck, wenn er sich beraten lässt? Fallen Verkaufstricks online weniger auf?
Auch die diversen Blogs und Onlinemagazine tun ihr Übriges. Meist werden da die Kauflinks schon mitgepostet und schon ist man per Tastatur Schönheit shoppen. Direkter, ohne Schwellenangst. Ohne Scheu vor der perfekt gestylten Parfümeriefachkraft, vor der man sich nicht blamieren möchte, wenn man die neuesten Fachausdrücke nicht so draufhat. Gerade Männer können so ihrem Entdeckertrieb freien Lauf lassen und sich ihre Pflegebeute selbst jagen, ins Körbchen legen und tapfer bezahlen. Ganz ohne süffisant hochgezogene Brauen, weil er jetzt den Moisturizer nicht vom After Shave Balm unterscheiden kann. Sind Männer die Triebkraft hinter dem Onlinehandel? Weil sie eh nicht gern einkaufen gehen und so viel bequemer an ihre Produkte kommen?
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