Dynamo Dresden Dynamo Kreisel zum 4. Dresdner Traditionstag | Page 52

Interview damit verbundene Geschichte dieses Clubs, die ich in meinen Anfangsjahren mitgespürt hast. Ob Hansi Kreische, Reinhard Häfner, mit dem ich sehr gerne zusammengespielt habe und der ein wichtiger Ratgeber war, Dieter Riedel und all die anderen Recken da oben. Dann ist das eigene Leben irgendwo rund, denn diese Bilder in Verbindung mit der eigenen Geschichte lassen etwas lebendig sein. Was Dynamo mit diesen großartigen Spielern gelungen ist, ist wirklich fantastisch. „Leider geht es im Fußball, aber   auch generell, immer häufiger   nicht mehr um die Sache, sondern   um Eitelkeiten, Macht und   Personen in Positionen.“   Hatten Sie ein Vorbild in Ihrer Jugend? Ich habe die Frage eigentlich immer mit meinem Vater beantwortet, weil er ein sehr starker Partner war. Und wenn du in Kombination dazu als Kind mitbekommen hast, wie er in Dresden überall mit Achtung und Respekt begleitet wurde, war das natürlich prägend. Das ist das Familiäre, aber für mich war in meiner Jugend eigentlich Dynamo Dresden als Gesamtes ein Idol. Wenn du die Mannschaft durchgegangen bist: Klaus Boden, Libero Dixie, Frank Ganzera, Siegmar Wätzlich und im Mittelfeld Häfner, Schade, Kreische, später Gerhard Weber, Riedel, Kotte, Heidler, Matthias Müller und dann hast du ja selbst gespielt. Deshalb war neben meinem Vater eigentlich Dynamo Dresden mein Idol. Im Laufe ihrer Karriere als Fußballer haben Sie sich mit ihrer Persönlichkeit das Image des „Charakterkopfes“ zugelegt. Fehlen Ihrer Mei- nung nach im deutschen Fußball „echte Typen“? Glaube ich nicht. Ich denke, dass sich über die Zeit gewisse Werte in der Gesellschaft verän- dert haben. Ist das jetzt etwas Positives oder Negatives, ein ‚Charakterkopf‘ zu sein, anzu- ecken, Streitkulturen auszulösen und eine starke Meinung zu haben? Grundsätzlich halte ich es für notwendig, um Entwicklungen in Gang zu setzen, auch wenn es nicht immer inhaltlich richtig sein kann, weil niemand perfekt ist. Man muss aber auch die Verbindung zu der Zeit sehen, in der wir heute leben. Im Fußball suchen wir die ‚Charakterköpfe‘, haben auf der anderen Seite aber auch das übertrieben Mediale. Das führt über Dauer zwangsläufig zu einem gewissen Abpfeilen und Abstumpfen. Leider geht es im Fußball, aber auch generell, immer häufiger nicht mehr um die Sache, sondern um Eitel- keiten, Macht und Personen in Positionen. Das führt für meine Begriffe dazu, dass gewisse Diskussionskulturen nicht mehr stattfinden können. Ich glaube, dass es die Anlagen noch gibt, wie zum Beispiel Spieler wie Emre Can bei Borussia Dort- mund oder Joshua Kimmich bei Bayern München zeigen, das System diese Anlagen im Mo- ment aber etwas unterdrückt.   Matthias Sammer (li.) im Oberliga-Spiel     bei Fortschritt Bischofswerda (August 1989)   52