Dynamo Dresden Dynamo Kreisel zum 4. Dresdner Traditionstag | Page 51
Stichwort 30 Jahre Wiedervereinigung: Wir
Ihr Vater Klaus war selbst erfolgreicher Fuß-
haben heute in der Bundesliga einen Verein,
baller und später sogar Ihr Trainer. Inwieweit
der 1990/91 zur NOFV-Oberliga gehörte, in der
hat das ihr Vater-Sohn-Verhältnis geprägt?
2. Bundesliga sind es zwei Vereine und in der
Fußball war zwangsläufig ein starker Bestand-
3. Liga sechs. Wie fällt Ihr Urteil zur Wieder-
teil unserer Familie. Ich hatte aber nicht eine
vereinigung im Fußball
Sekunde das Gefühl,
aus?
dass mein Vater mich
„Ich hatte aber nicht eine
Die Situation war schon
in etwas hineinstecken
Sekunde das Gefühl, dass mein
mal schlechter und
wollte, was ich und wer
Vater mich in etwas hinein-
wurde noch vor ein paar
ich nicht bin. Er hat das
Jahren deutlich negati-
beobachtet und kleinste
stecken wollte, was ich und wer
ver gesehen. Man muss
Hinweise und Korrektu-
ich nicht bin.“
das mit dem Verständnis
ren gegeben, war aber
der Historie betrachten
nie die treibende Kraft.
und wissen, was sich mit dem gesellschaftlichen
Ich habe eigentlich immer dieses warme, wohl-
Wandel vom Sozialismus zum Kapitalismus
fühlende Aufgefangensein empfunden, wie man
für den DDR-Fußball, aber auch die Menschen
so schön Familie beschreibt.
generell, verändert hat. Die Bestandteile dieses
Systems müssen erlernt, verstanden und ange-
Macht es Sie stolz, dass ihr Vater Ehrenspiel-
wendet werden. Dahingehend hatten die Vereine
führer von Dynamo Dresden ist und mit einem
der Bundesliga natürlich einen großen Vorteil.
XXL-Porträt im Rudolf-Harbig-Stadion hängt?
Zwangsläufig gab es aber auch im Westen viele
Das ist einfach grandios. Da ich jetzt ein bisschen
Traditionsvereine, die aufgrund von Misswirt-
mehr Zeit habe und mir diese Zeit auch nehme,
schaft und falschen Personen keinen Erfolg
um Dinge zu beobachten und zu reflektieren,
hatten. Mir war immer bewusst, dass es ein
gucke ich immer, wenn Dynamo spielt, mal rein.
längerer Prozess der Angleichung ist und dass es
Und wenn man bei Heimspielen dann im Weit-
in diesem Wettbewerb selbstver-
ständlich nicht mehr aufzuholende
Nachteile gibt. Insgesamt nimmt
der Fußball, was die Menschen und
Fans betrifft, meiner Meinung nach
aber eine recht positive Entwick-
lung. Mir macht das Gesamtbild
viel mehr Sorgen.
Inwiefern?
Für meine Begriffe ist das größte
Problem, dass generationen-
übergreifend ein gegenseitiges
Verständnis für die jeweilige
Geschichte fehlt. Wir erleben es
aktuell in der Politik, aber auch
im allgemeinen Umgang. Auf der
einen Seite vermitteln wir ‚Ja
Deutschland, wir sind irgendwie happy‘. Das ist
in meinen Augen sehr problematisch, weil das so
nicht stimmt. Die eigentliche Vereinigung findet
nur dann statt, wenn das Verständnis für die
Unterschiedlichkeit aufgebrochen und vorhanden
ist. Das betrifft ein bisschen den Fußball, aber ich
glaube viel mehr die Menschen, und das hat noch
nicht funktioniert.
winkel die Porträts der Ehrenspielführer sieht,
bin ich nicht nur sehr stolz auf meinen Vater. Das
kann man gar nicht mit Worten beschreiben. Je-
der hat seine Wurzeln und Dresden ist zwar nicht
mehr mein Zuhause, aber bleibt meine Heimat.
Das muss man wissen, wenn man verstehen will,
was das in einem auslöst, wenn Vater da oben
hängt. Aber nicht Vater alleine, sondern auch die
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