Draft: Lösungsheft für Stiftungen Lösungsheft für Stiftungen | Page 10

Wenn Stiftungen Stipendien vergeben, muss deren Finanzierung langfristig gesichert sein. Bild: Stockphoto Qual der Wiederanlage fälliger Anleihen Petra Träg, Geschäftsführung SOS-Kinderdorf-Stiftung Nach der Rede von EZB-Chef Mario Draghi (4.7.2017, Anm.d.Red.) zur guten Konjunktur stieg die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen innerhalb vier Tagen von 0,24 auf 0,46 Prozent. Hilft dieser Zinsanstieg den Stiftungen wirklich? Nein, denn eine in diesem Jahr fällige 10-jährige Bundesanleihe, brachte einen ordentlichen Ertrag von rund vier Prozent und ein vor fünf Jahren gekaufter Pfandbrief immerhin noch knapp ein Prozent. Somit werden – trotz des Renditeanstiegs der letzten Tage – bei einer Wiederanlage in gute Anleihen, die ordentlichen Erträge zur Satzungszweckerfüllung weiter sinken. Es haben zwar in letzter Zeit Stiftungen gemäß der aktuellen STIXX-Umfrage- ergebnisse vermehrt auf die Aktienan- lage gesetzt, da die Dividendenrendite z.B. der DAX-Werte bei rund 2,7 Pro- zent liegt, aber es schieben auch einige 10 Sonderheft Stiftungen 01/2017 Stiftungen noch viel Liquidität vor sich her. Sind diese bisher noch kaum in Ak- tien oder Immobilien investiert, wird der Ertragsdruck immer größer, da die Erfüllung des Satzungszwecks Vorrang vor dem Erhalt des Stiftungsvermögens hat. Doch was nun, da die Aktienkur- se knapp unter dem Allzeithöchststand sind? Zwei Studien blickten jüngst in die Vergangenheit der Aktienanlagen und förderten interessante und stif- tungsrelevante Ergebnisse zu Tage: 1. Der Vergleich der Kurs-Gewinn- Verhältnisse von Aktien und Anleihen seit 1973 weist derzeit ein signifikant aufgeblähtes Kursniveau bei Anleihen als Folge der Marktintervention der Notenbanken aus. Somit dürften die Kursrisiken eher bei Anleihen größer sein und eine Normalisierung der Zins- situation – auf welche Weise auch im- mer – schmerzhaft werden. 2. Aktienanlagen zeigen über den Zeit- raum der letzten 115 Jahre in allen der 20 untersuchten Länder die beste inflationsbereinigte Rendite im Ver- gleich zu Anleihen und kurzlaufenden Anlagen – auch in Deutschland. Und das, obwohl bei Festverzinslichen die Hyperinflations­jahre 1922 – 1923 gar nicht berücksichtigt wurden. Beide Studien regen an, den bisherigen Anlagehorizont bei Stiftungsanlagen zu überdenken, der oft auf die nächsten 5 bis 10 Jahre ausgerichtet ist. Stiftun- gen sind auf die Ewigkeit ausgelegt und können – wenn die Qualität der Aktien passt – Schwankungen aushalten und Kursrückgänge aussitzen. Ferner wird deutlich, dass es über die Jahrzehnte weder bei Aktien und Im- mobilien, noch bei fortlaufender Wie- deranlage fälliger Anleihen gelingt, am Tiefstpunkt zu kaufen. Auch hier macht es die Mischung diverser Einstiegszeit- punkt. Eines ist aber sicher: Wenn es die EZB schafft ihr „Geldwertstabilitätsziel“ (Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent) zu erreichen und die Zinsen auf die nächsten Jahre niedrig zu halten, dann entwertet sich das in Anleihen und Cash angelegte Stiftungskapital real. In diesen Jahren der „Geldwertstabilität“ ist bei einer Wiederanlage in Anleihen weder die gesetzliche Anforderung der ertragreichen Anlage noch des realen Kapitalerhalts erfüllt.