divingEurope 2|2024 | Nr. 38 | Page 834

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„ MIR IST KALT SO KALT / MIR IST KALT “ – SONGTEXT „ ICH HAB
Foto : Nikolay Linder

E s sind die letzten Atemzüge vor dem Abtauchen . Noch einmal ventiliere ich meine Lungen , indem ich sehr langsam tief ein- und sehr tief ausatme . So erreiche ich die gewünschte Gratwanderung aus optimaler Sauerstoffversorgung bei niedrigen Puls . Doch leider ist der heute gar nicht so niedrig . Hinter mir liegen harte Tage . Genau vor einer Woche habe ich einen Rekordversuch vermasselt . 120 „+ x “ war mein ehrgeiziger Plan , als Axel und Holger , meine Sicherungstaucher am Eis , erklären , dass es nun 126 Meter seien , machte sich eine leichte Aufregung breit . Nicht definierbar ob Angst oder Vorfreude .

Ich folgte meiner Routine und war mir meiner Sache sehr sicher . In anstrengenden Trainings zuhause in Freiburg hatte ich unter schlechten Bedingungen schon mehr geschafft . Die Bestmarke , die zu brechen ist , liegt bei 100 Meter , aufgestellt von Christian Redl . Sehr lange hatte ich auf diesen Augenblick gewartet und 100 Meter zu brechen schien kein Hexenwerk . Ich konnte schon immer gut mit der Kälte umgehen , mit der Eisdecke die mich am Auftauchen hindert . Alles kein Problem . Doch letzte Woche konnte ich endlich eine der meist gestellten Fragen an mich beantworten : „ Und was machen Sie , wenn das Loch zu weit weg ist ?“ tra meinen Bürgermeister mit in die Berge geschleppt , mein Sponsor von der Wasseraufbereitungsfirma war ebenfalls am See auf 1700 Meter Höhe über Null .
Ich folgte meiner Routine , atmete voll ein , ließ mich ins Wasser sinken und startete mit dem Flossenschlag . Sehr früh , aber wie erwartet ,
Nik Linder stammt aus Freiburg
Als Eistaucher versucht man mit wenigen Löchern auszukommen . Für den Athleten sind die Löcher nicht wichtig . Wenn man unter Eis taucht und die Augen haben sich an das etwas dämmrige Licht gewöhnt , dann erkennt man keinen Unterschied ob man unter einem Loch oder unter Eis taucht . Man orientiert sich am Seil und taucht im Allgemeinen so lange bis das Seil aufhört . Dabei sollte die goldene Regel beachtet werden , immer etwas unter seiner Bestleistung zu bleiben . Auch das war er Plan vor genau einer Woche am Garichtesee in der Schweiz . Für das Guinness Buch der Rekorde habe ich exsetzt der Atemreiz bereits nach ungefähr 20 Meter Strecke ein . Nach 70 Meter merke ich , dass irgendwas nicht stimmt . Normal müsste ich gerade locker die Kontraktionen des Zwerchfells verarbeiten und konzentriert auf meinen Tauchgang sein . Aber es scheint mir den Sauerstoff wegzuziehen .
Ich merke relativ bald , dass die 126 heute nicht drin sind und hebe den Kopf um das erste Loch zu erkennen . Das erste Loch ist bei 105 gesägt . Das geplante Minimalziel , Rekord gebrochen . Knapp , aber gebrochen . Meine Sicherungstaucher , merken bereits dass dass etwas nicht stimmt . Ist der Kopf nicht komplett auf die Orientierungsleine , sondern nach oben gerichtet , dann scheint der Tauchgang nicht optimal zu laufen . Ich erreiche das erste Loch und versuche noch mich am Eis festzuhalten .
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