divingEurope
Es war nicht das erste Mal, dass ich faszinierende Geschichten über das Schwimmen mit Orcas hörte. Das ist nicht verwunderlich, wenn man schon sein ganzes Leben lang von diesen intelligenten Wesen besessen ist. Wenn Sie mich vor ein paar Jahren gefragt hätten, ob ich mit Orcas schnorcheln möchte, hätte ich Sie für verrückt gehalten! Schnorcheln?
Allein der Gedanke daran ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Schließlich werden sie nicht umsonst auch heute noch zuweilen „ Killerwale“ genannt. Der Orca ist das größte Mitglied der Delphinfamilie und hat keine natürlichen Feinde( außer dem Menschen natürlich). Die Art beherrscht die Weltmeere und zeigt nirgendwo Angst vor irgendetwas oder irgendjemandem. Selbst der Weiße Hai ist gegen diese Raubtiere machtlos. Und nun fragen Sie mich, ob ich mit diesen Tieren schnorcheln möchte?
Die Antwort ist jetzt ein klares Ja! Ich weiß jetzt, dass diese hochintelligenten Tiere uns tolerieren, wenn wir sie bei der Heringsjagd beobachten wollen. Und genau das wollte ich erleben: die gemeinsame Jagd auf die riesigen Heringsschwärme, die in den Wintermonaten in den norwegischen Fjorden schwimmen. Deswegen werde für ein paar Wochen im Jahr die Fjorde nördlich des Polarkreises zum Treffpunkt für eine große Anzahl von Walen und Orcas.
Wer sich dafür interessiert hat gute Möglichkeiten; mehrere Veranstalter bieten in den Wintermonaten diese einzigartigen Reisen nach Nordnorwegen an. Nach wochenlanger Vorbereitung war der Tag endlich gekommen: Ich würde am 27. November abreisen. Beim Einchecken wurde mir erst bewusst, wie viel Gepäck ich dabei hatte. Zusätzlich zu den persönlichen Gegenständen und der warmen Kleidung hatte ich beschlossen, meinen eigenen Trockentauchanzug, Thermounterwäsche, Flossen, Schnorchel und Tauchmaske mitzubringen. Außerdem hatte ich einen Rucksack mit meiner Kamera samt Zubehör, ein Stativ( für die Nordlichter) und eine große Pelicase-Box mit meiner Unterwasserkamera dabei. Also los!
TAG 1 Um 11:55 Uhr Take-Off in Amsterdam für den nur eineinhalb stündigen Flug nach Bergen. Dort geht es um 17:15 Uhr weiter nach Tromsø, wo der Jet zwei Stunden später landet. Die Gegend ist mit Schnee bedeckt und während der Taxifahrt ins Zentrum Tromsøs schneit es auch wieder. Es ist schon lange dunkel, als ich im modernen Hotel The Edge ankomme. Mit typisch skandinavischem Design liegt es direkt am Hafen im Herzen der Stadt. Hier wird das Treffen mit den anderen Expeditionsmitgliedern und der Crew des Schiffes „ Virgo“ am kommenden Nachmittag stattfinden. Das nahe gelegene Restaurant Vertshuset Skarven, ist gleichzeitig Treffpunkt für die Einheimischen. Liegt‘ s an der Auswahl von 400 Biersorten aus aller Welt? Leider gibt es dort aber auch immer noch Walfleisch. Norwegen, Island und Japan sind die einzigen drei Länder der Welt, in denen nach wie vor kommerzieller Walfang betrieben wird. Wal ist in Norwegen nicht nur wegen seines Geschmacks, sondern auch wegen seines Preises beliebt; er ist billiger als Schweine- oder Rindfleisch. Dieses Angebot empfinde ich schon als unangenehm, schließlich bin ich extra nach Norwegen gekommen, um die Tiere in freier Wildbahn zu sehen – und nun begegne ich ihnen zuerst in einem Restaurant. TAG 2 Heute gibt es genügend Zeit, um Tromsø zu erkunden. Die Stadt ist ein wichtiges Zentrum für Polarforschung und hat trotz seiner abgelegenen Lage eine lebendige Atmosphäre. Sie ist die größte Stadt in Nordnorwegen und
425